Im Klageverfahren gegen Deutsche Umwelthilfe offengelegt: Volkswagen nutzt bei Betrugs-Diesel auch nach Software-Update weiterhin Abschalteinrichtungen
Düsseldorf/Berlin (ots)
Deutsche Umwelthilfe und deren Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch legen Berufung gegen die durch das Landgericht Düsseldorf heute bestätigte einstweilige Verfügung ein - DUH darf ihre Rechtsansichten zur Wirksamkeit und Nicht-Rechtmäßigkeit des Softwareupdates eines VW Golf 6, Abgasnorm Euro 5 weiterhin nicht tätigen - VW legte im Verfahren Unterlagen des Kraftfahrt-Bundesamtes vor, die bestätigen, dass VW auch nach dem Software-Update immer noch (nun angeblich zulässige) Abschalteinrichtungen nutzt
Das Landgericht Düsseldorf hat heute, 31. Mai 2017, über die von Volkswagen gegenüber der Deutschen Umwelthilfe (DUH) am 29. März 2017 erlassene einstweilige Verfügung entschieden. Das Gericht beschloss, bei seiner Rechtsauffassung zu bleiben und zu bestätigen, dass die DUH bestimmte Rechtsauffassungen zur Wirksamkeit des Software-Updates bei einem VW Golf 6 mit der Abgasnorm Euro 5 nicht äußern darf.
Die DUH hatte in ihrem Emissions-Kontroll-Institut (EKI) die Stickoxidemissionen (NOx) eines mit einer illegalen Abschalteinrichtung ausgestatteten VW Golf 6, 1.6 TDI Variant (Abgasnorm Euro 5) vor und nach dem vom Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) verordneten Software-Update auf der Straße gemessen. Die Ergebnisse gab die DUH in der Pressemeldung am 14. März 2017 bekannt. Vor dem Werkstattbesuch lag der NOx-Ausstoß bei 964 mg/km, nach dem Update lagen die NOx-Werte immer noch bei 602 mg/km. Der Euro 5 Grenzwert im Typprüfverfahren liegt bei 180 mg NOx/km.
Die DUH hat daraus Schlüsse zur Unrechtmäßigkeit der erteilten Typgenehmigung gezogen. Das Landgericht ist der Auffassung, dass es sich bei diesen rechtlichen Bewertungen um unwahre Tatsachenäußerungen handele. Die Grenzwerte seien nur auf dem Prüfstand einzuhalten. Ein anderer Eindruck dürfe nicht erweckt werden. Dies ist schon deshalb überraschend, weil die DUH gleich mehrere juristische Veröffentlichungen vorlegen konnte, die bestätigen, dass die von der DUH vertretene Auffassung (nach denen die Werte nicht nur auf dem Prüfstand, sondern auch unter normalen Betriebsbedingungen einzuhalten sind) zutreffend ist.
Die DUH wird gegen das Urteil umgehend Berufung einlegen.
"Die Berufung ist nötig, weil die Aufklärungsarbeit von Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden durch die Meinungsfreiheit geschützt ist. Unliebsame Berichterstattungen zu verhindern und uns einzuschüchtern, nehmen wir nicht hin", sagt Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH. "Nach dem europäischen Zulassungsrecht sollen die Abgasgrenzwerte nicht nur saubere Luft im Prüflabor, sondern vor allem in unseren Städten sicherstellen und viele tausend Todesfälle verhindern." Resch kündigte an, weitere Untersuchungen von Diesel-Pkw vor und nach dem Software-Update durchzuführen.
Der Maßstab für die DUH sind die europäischen Zulassungsvorschriften (EG 715/2005 und 692/2008), die eine "ordnungsgemäße Abgasreinigung" nicht nur während der ca. 20-minütigen Laborprüfung, sondern ausdrücklich 'in normal use', d.h. unter normalen Straßenbedingungen, im heißen Sommer wie im kalten Winter, verbindlich vorschreiben und Abschalteinrichtungen, wie bei Volkswagen festgestellt, als illegal verbieten.
Während des Verfahrens legte VW Unterlagen des KBA vor, die bestätigen, dass VW auch nach dem Software-Update weiterhin Abschalteinrichtungen in vielen betroffenen Fahrzeugmodellen verbaut hat. Diese sollen nach Ansicht des KBA zulässig sein. Gründe für die Zulässigkeit werden nicht genannt.
Rechtsanwalt Remo Klinger, der die DUH in dem Rechtsstreit vertritt: "Abschalteinrichtungen sind nur unter sehr engen Voraussetzungen zulässig. Im normalen Gebrauch eines Autos sind sie - von wenigen Ausnahmen abgesehen - illegal. Mit welcher Begründung die von VW jetzt immer noch benutzten Abschalteinrichtungen zulässig sein sollen, ist uns nicht bekannt und wurde auch von VW nicht erklärt. Im Gegenteil: Noch in der Verhandlung vor dem Landgericht leugnete die Prozessvertretung von VW die Existenz der Abschalteinrichtungen, obwohl sie durch die von VW selbst vorgelegten und uns bis dahin unbekannten Dokumente bestätigt wurden."
Volkswagen räumt in dem vor dem Landgericht geführten Verfahren noch nicht einmal ein, dass der Einbau der millionenfach verbauten Betrugs-Software in Euro 5 + Euro 6 Diesel-Pkws in Deutschland und Europa rechtswidrig war. Dies zeigt die Begründung der VW AG zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. Darin stellt VW den vom KBA angeordneten amtlichen Rückruf als quasi freiwilliges "Angebot an die Kunden (dar), ihre von der 'Diesel-Thematik' betroffenen Dieselfahrzeuge - trotz fehlender Gebrauchsbeeinträchtigung ... technisch überarbeiten zu lassen".
Mehr Informationen zum Emissions-Kontroll-Institut: http://www.duh.de/projekte/eki-kontrollen/ Messbericht VW Golf 6, 1.6 TDI Variant, Eurostufe 5: http://l.duh.de/p140317
Pressekontakt:
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de
Prof. Dr. Remo Klinger, Geulen & Klinger Rechtsanwälte
0171 2435458, klinger@geulen.com
DUH-Pressestelle:
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