Deutsche Umwelthilfe fordert von SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley klare Positionierung für starke Verbraucherrechte in der EU
Berlin (ots)
EU-Sammelklage-Gesetz für kollektive Verbraucherschutzrechte wird durch Barleys Justizministerium im EU-Rat ausgebremst und droht geschwächt zu werden - Verbraucherfreundliche EU-Regelung dringend erforderlich, um die wirtschaftsfreundliche Ausgestaltung des deutschen Musterfeststellungsklagerechts zu korrigieren - Deutsche Umwelthilfe fordert noch vor der EU-Wahl ein klares Bekenntnis von Katarina Barley, ob sie sich für eine starke Verbandsklage auf EU-Ebene einsetzen wird - Zivilgesellschaft benötigt bestmöglichen gesetzlichen Schutz, um sich gegenüber rechtswidrig agierenden Unternehmen erfolgreich zur Wehr setzen zu können
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) zeigt sich irritiert über das Verhalten von der SPD-Spitzenkandidatin und Justizministerin Katarina Barley, die eine schnelle Verabschiedung des europäischen Verbraucherschutz-Klagerechts im EU-Ministerrat verzögert und zudem versucht, den Verbraucherschutz abzuschwächen. Ziel des 'New Deal for Consumer' ist es, nach den Erfahrungen des Diesel-Abgasskandals, die kollektiven Klagemöglichkeiten betrogener Verbraucher zu stärken. Nachdem das EU-Parlament im März 2019 der von der EU-Kommission erarbeiteten Regelung zugestimmt hat, stockt es nun ausgerechnet im EU-Ministerrat aufgrund von Widerständen in Barleys Ministerium.
Die deutsche Bundesregierung hat eine Mitschuld am Diesel-Abgasskandal, da sie trotz zahlreicher Warnungen und Hinweise auf betrügerische Praktiken der Dieselkonzerne diese über zehn Jahre hinweg nicht kontrolliert hat. Nun droht für Millionen von Diesel-Pkw-Haltern die Verjährung ihrer Ansprüche. Die DUH hat vor diesem Hintergrund kein Verständnis dafür, dass ausgerechnet die deutsche Justizministerin den Schutz betrogener Verbraucher ausbremst. Die DUH fordert Barley auf, sich klar zum europäischen Verbraucherrecht zu bekennen und beim nächsten Arbeitsgruppentreffen am 23. Mai 2019 die wichtige Gesetzgebung zur EU-Sammelklage auf den Weg zu bringen.
Dazu Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Im vergangenen Jahr wurde mit dem Musterfeststellungsrecht eine Klageverhinderungsregelung ganz im Sinne der Industrie auf den Weg gebracht. Wir brauchen nun schnell eine europäische Regelung, die es Verbrauchern ermöglicht, eine Sammelklage unkompliziert und mit direkter Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen auf den Weg zu bringen. Kein Verständnis haben wir zudem für die Strategie des Justizministeriums, dass dem schwächeren deutschen Instrument der Musterfeststellungsklage Vorrang gegeben werden soll, was ein weiterer Nachteil für die Verbraucher in Deutschland wäre. Wir fordern Verbraucherministerin Katarina Barley auf, sich eindeutig für starke, kollektive Verbraucherrechte einzusetzen und noch vor der EU-Wahl die Position ihres Hauses im Sinne der Verbraucherinteressen zu korrigieren."
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH ergänzt: "Das EU-Sammelklagen-Gesetz ist ein wichtiges juristisches Instrument für die EU-Bürger, um sich kollektiv gegen Rechtsverstöße von Unternehmen zur Wehr zu setzen. Umso dringlicher ist es, dass der EU-Ministerrat die Richtlinie endlich auf den Weg bringt und sie so ausgestaltet, dass sie wirkt. Das neue Europaparlament darf keine neuen Hürden für den kollektiven Rechtsschutz aufstellen. Alle Verbraucher- und Umweltschutzorganisationen müssen klageberechtigt sein. Sammelklagen müssen zukünftig auch möglich sein, wenn es gegen falsche Spritverbrauchsangaben der Autokonzerne geht. Sogenannte Bagatellverstöße, die sich zu hohen Gesamtschäden für alle Verbraucher aufaddieren, müssen ebenfalls geahndet werden."
Die DUH kritisiert, dass im Laufe der Abstimmungen wesentliche Verordnungen und Richtlinien nicht mehr im Anwendungsbereich der EU-Sammelklage vorgesehen sind. So fehlt zum Beispiel die EU-Verordnung 715/2007, die vorsieht, dass die im Rahmen der Typengenehmigung von Pkw übermittelten Verbrauchsangaben denen im praktischen Fahrbetrieb entsprechen müssen. Die DUH wertet die Streichung wesentlicher Verordnungen, die vor allem auch die Autoindustrie betreffen, als das Ergebnis der großzügigen Berücksichtigung von Industrieinteressen zu Lasten der Verbraucher.
Als ebenso notwendig erachtet die DUH, dass vermeintliche Bagatellverstöße wieder mit in die Regelung aufgenommen werden. Wegen der Geringfügigkeit der Schäden haben Verbraucher bei Bagatellverstößen oft kein Interesse an einem langwierigen und kostspieligen Gerichtsverfahren und bleiben daher untätig. Gerade dieser Umstand lädt Unternehmen zu Verbraucherrechtsverstöße ein; in einer Vielzahl von Kleinschäden rechnen diese sich in Summe zu einer horrenden Schadenshöhe auf.
Artikel 4 Paragraph 1, Subparagraph 2 würde zudem die Klagemöglichkeit von Verbänden unnötig einschränken. Ausschlaggebend und ausreichend sollte sein, dass der Verband gemeinnützig agiert.
Die DUH hat sich für das auf EU-Ebene geplante, im Vergleich zur deutschen Musterfeststellungsklage verbraucherfreundlichere Sammelklagen-Gesetz stark gemacht und die Ministerin Barley bereits im Januar 2019 schriftlich aufgefordert, im Ministerrat entsprechend zu agieren. Die DUH bedauert, dass das Schreiben bislang ohne Antwort blieb.
Links:
- Schreiben der DUH an Verbraucherministerin Barley inklusive konkreter Forderungen zur Nachbesserung der Richtlinie: http://l.duh.de/p190522a
- Die DUH hat eine vergleichende Studie zu kollektiven Rechtsschutzmöglichkeiten in sechs europäischen Ländern erstellt. Die Studie ist Teil der Kampagne "Get Real: Für ehrliche Spritangaben" (LIFE15 GIC/DE/029 Close the gap), die von der EU-Kommission gefördert wird. Zur Studie: http://l.duh.de/p190522a
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Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
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Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer
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