Deutsche Umwelthilfe schlägt Alarm: Bundesregierung knickt vor Industrielobby ein und fördert weiterhin umweltzerstörende Agrokraftstoffe
Berlin (ots)
- Gesetzesentwurf zur Umsetzung der europäischen Erneuerbare Energien-Richtlinie II im Verkehr soll morgen im Bundeskabinett verabschiedet werden
- Bundesregierung fördert Agrosprit und synthetische Kraftstoffe für den Straßenverkehr und verzögert damit notwendigen Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor
- Ausstieg aus Palmöldiesel in 2026 kommt zu spät - Palmöl darf danach 1:1 durch andere klimaschädliche Kraftstoffe ersetzt werden
- Deutsche Umwelthilfe fordert raschen Ausstiegspfad für alle Agrokraftstoffe
Morgen soll der Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Erneuerbare Energien-Richtlinie II (RED II) im Verkehrsbereich vom Bundeskabinett verabschiedet werden. Dieser ist nach Ansicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) ein von Industrieinteressen weichgespülter Vorschlag, der sich schädlich auf den Klima- und Naturschutz auswirken wird. Denn der Entwurf sieht vor, die Förderung von Agrokraftstoffen aus Soja, Raps, Zuckerrohr und Co. auf unbestimmte Zeit zu verlängern, obwohl deren Anbau den weltweiten Flächenfraß anheizt und damit Entwaldung, Klimakrise und Artensterben befeuert. Auch der im Vorschlag festgelegte Ausstieg aus Palmöldiesel in 2026 kommt viel zu spät.
Die DUH fordert einen klaren Ausstiegspfad für alle Agrokraftstoffe, da sie nicht zur Reduktion der Treibhausgasemissionen des Verkehrs beitragen. Um die Emissionen nachhaltig zu senken, ist eine ganzheitliche Verkehrswende mit klarem Fokus auf elektrische und effiziente Antriebstechnologien notwendig. Zugleich müssen der motorisierte Individualverkehr und der Energieverbrauch insgesamt deutlich reduziert werden.
Dazu Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Agrokraftstoffe leisten keinen Beitrag zum Klimaschutz und müssen raus aus dem Tank. Die Mär vom klimafreundlichen "Bio"-Kraftstoff muss ein Ende haben. Diese Kabinettsvorlage sichert nur das Geschäftsmodell der Agrokraftstoffindustrie und verlängert das Leben des Verbrennungsmotors. Dieser Entwurf darf den parlamentarischen Prozess nicht überleben. Wir werden jetzt kämpfen, bis endlich ein Entwurf auf Basis der Klimaziele und des Naturschutzes auf dem Tisch liegt."
Der Entwurf sieht auch vor, die Treibhausgasminderungsquote von heute 6 auf 22 Prozent bis zum Jahr 2030 zu erhöhen. Diese verpflichtet Kraftstoffhändler, die Treibhausgasemissionen der von ihnen verkauften Kraftstoffe zu verringern - durch Einsatz verschiedener alternativer Kraftstoffe oder Vertrieb von Strom für E-Mobilität. Die DUH warnt, dass die extrem hohe Quote von 22 Prozent in 2030 umweltzerstörende Agrokraftstoffe langfristig im Markt halten wird. Der Anteil von Kraftstoffen aus Nahrungs- und Futtermitteln wird zwar auf 4,4 Prozent in 2030 begrenzt, auf Druck der Kraftstoff- und Autoindustrie erhalten die Agrokraftstoffe nun aber deutlich mehr Spielraum als ursprünglich mit 2,7 Prozent vom Bundesumweltministerium vorgesehen. Auch Palmöl darf ausdrücklich durch ebenfalls klimaschädliche Kraftstoffe eins zu eins ersetzt werden.
Daneben werden neue Fehlanreize gesetzt: Die starke Förderung von sogenannten "fortschrittlichen Biokraftstoffen", für die unter anderem Forst-Biomasse wie Zweige, Rinde und Baumspitzen verwendet werden soll, ist aus Sicht des Umweltverbandes eine hochgefährliche Entwicklung, die die wichtige Kohlenstoffsenke Wald weiter schwächen wird.
Auf Druck der Industrie soll zudem auch der Einsatz hochgradig ineffizienter synthetischer Kraftstoffe (Wasserstoff und E-Fuels) im Straßenverkehr verstärkt gefördert werden.
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der DUH dazu: "Die Nutzung von synthetischen Kraftstoffen im Pkw-Verkehr ist eine massive Energieverschwendung und dient vor allem der Autoindustrie dazu, den Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor zu verhindern. Bei der Antriebstechnologie für Pkw muss der Fokus klar auf der direkten Elektrifizierung liegen."
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