Deutsche Umwelthilfe kritisiert: Jamaika-Koalition in Schleswig-Holstein will Klagerechte einschränken und übereilt fossile LNG-Projekte realisieren
Berlin (ots)
- Gesetzentwurf soll den Baubeginn des geplanten LNG-Terminals in Brunsbüttel durchdrücken
- Jamaika-Koalition sieht Einschränkung von Klagerechten vor und bezeichnet das LNG-Terminal trotz verheerender Klimawirkung als im "überragenden öffentlichen Interesse"
- DUH fordert Landtag auf, den Gesetzentwurf zurückzuweisen und bei gefährlichen LNG-Projekten weiterhin Sicherheit vor Geschwindigkeit zu priorisieren
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) kritisiert den in Schleswig-Holstein von der Jamaika-Koalition vorgelegten Gesetzentwurf, mit dem Klagerechte von Umweltverbänden eingeschränkt und der Bau von fossilen Flüssigerdgas-Terminals (LNG-Terminals) beschleunigt werden sollen. Die Landesregierung will über Änderungen im Landeswassergesetz erreichen, dass Klagen gegen eine Genehmigung der notwendigen Hafenanlagen keine aufschiebende Wirkung mehr haben. Die geplanten Gesetzesänderungen sind nach Ansicht der DUH klimapolitisch verheerend und verfassungsrechtlich zweifelhaft. Der Umwelt- und Verbraucherschutzverband fordert die Abgeordneten des Landtags deshalb auf, den Gesetzentwurf abzulehnen.
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH: "Bei Planung und Bau eines gefährlichen Störfallbetriebs muss immer Sicherheit vor Geschwindigkeit gehen. Dies gilt insbesondere für den Standort Brunsbüttel, wo das LNG-Terminal in direkter Nachbarschaft von chemischen und atomaren Anlagen gebaut werden soll. Unser Rechtsstaat sieht aus gutem Grund vor, dass behördliche Entscheidungen von Fachgerichten überprüft werden können. Sind dabei wesentliche Fragen zu Sicherheit und Umweltschutz strittig, muss eine Klage selbstverständlich eine aufschiebende Wirkung entfalten - sonst wird das Instrument ad absurdum geführt. Gerade wenn Entscheidungen mit größter Eile getroffen werden, müssen sie wirksam überprüft werden können. Das gebietet allein die Sorgfaltspflicht. Deshalb muss der Landtag diese unüberlegte Gesetzesänderung ablehnen."
Darüber hinaus ist nicht nachvollziehbar, dass der Bau eines LNG-Terminals gemäß Gesetzentwurf im "überragenden öffentlichen Interesse" sein soll. Mit der Anlage soll fossiles Gas in großen Mengen importiert werden, es ermöglicht erstmals auch den Import von besonders umwelt- und klimaschädlichem Fracking-Gas nach Deutschland. Für die Sicherstellung der Versorgungssicherheit ist das Terminal dagegen nicht erforderlich. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hatte in einem Gutachten belegt, dass die Versorgung mit Gas auch ohne Neubau von LNG-Terminals gewährleistet werden kann. Sowohl Bundes- als auch Landesregierung haben ihrerseits bisher keine Zahlen dazu veröffentlicht, die eine Notwendigkeit der Terminals belegen. Darüber hinaus ist der Gesetzentwurf nach Bewertung der DUH ein Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Verbot des Einzelfallgesetzes.
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz der DUH: "Die Jamaika-Koalition ist auf dem falschen Weg. Der Ausbau einer fossilen Infrastruktur kann bestenfalls ein notwendiges Übel sein, keinesfalls aber im 'überragenden öffentlichen Interesse'. Die Koalition aus CDU, Grünen und FDP blendet völlig aus, dass LNG-Terminals zur Anlandung von fossilem Gas, wahrscheinlich sogar Fracking-Gas, dienen werden. Sie als öffentliches Interesse zu bezeichnen, widerspricht dem Klimaurteil des Bundesverfassungsgerichts, das vor einem Jahr veröffentlicht wurde. Zudem versteigt sich die Koalition mit diesem Gesetzentwurf verfassungsrechtlich: Sie verstößt gegen das Einzelgesetzverbot aus dem Grundgesetz, weil sie mit dem Gesetz allein die Errichtung eines LNG-Terminals in Brunsbüttel durchdrücken möchte. Dies zeigt, dass das Gesetz offenbar in großer Hektik verfasst wurde."
Hintergrund:
Der Entwurf des Landeswassergesetzes wurde von der Jamaika-Koalition am 22. April 2022 veröffentlicht und für den heutigen Mittwoch auf die Tagesordnung gesetzt. Er soll bereits am morgigen Donnerstag und/oder Freitag in zweiter und dritter Lesung verabschiedet werden und unmittelbar danach in Kraft treten. Am heutigen Mittwoch findet eine Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Landtags statt. Darin wird das Klimabündnis gegen LNG, dem auch die DUH angehört, eine ausführliche Stellungnahme abgeben.
Links:
- Stellungnahme Klimabündnis gegen LNG: http://l.duh.de/p220427f
- Gutachten des DIW zur Versorgungssicherheit ohne LNG-Terminals: https://www.diw.de/de/diw_01.c.838843.de/
Pressekontakt:
Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer
0160 90354509, mueller-kraenner@duh.de
Constantin Zerger, Leiter Energie und Klimaschutz
0160 433 40 14, zerger@duh.de
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