Deutsche Umwelthilfe fordert Ministerinnen und Minister zum Widerstand gegen die Entkernung des Klimaschutzgesetzes auf und legt Beschwerde beim Aarhus-Komitee ein
Berlin (ots)
- Ampel-Regierung plant für diesen Mittwoch die Abschaffung des zentralen Mechanismus des deutschen Klimaschutzes, die jährliche Überprüfung und Nachsteuerung sektorscharfer CO2-Budgets und verpflichtende Sofortprogramme
- DUH fordert insbesondere diejenigen Kabinettsmitglieder dazu auf, den Gesetzesentwurf abzulehnen, die den historischen Klima-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts bejubelt bzw. gelobt haben
- Statt tatsächlicher Einsparung sollen vage Prognosen der Regierung künftig Maßstab sein: DUH hat Einsicht in alle Dokumente beantragt, die zur Erstellung der vorgelegten ersten Prognose genutzt wurden und eine Frist bis Freitag gesetzt
- DUH reicht zudem Beschwerde beim Arhus-Komitee ein: Frist zur Verbändebeteiligung beim Klimaschutzgesetz war willkürlich auf weniger als zwei Werktage verkürzt
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) fordert die Ministerinnen und Minister der Bundesregierung auf, Widerstand zu leisten gegen die geplante Entkernung des Bundesklimaschutzgesetzes. Das Kabinett soll die Gesetzesänderung am Mittwoch absegnen. Die DUH sieht insbesondere die Regierungsmitglieder in der Pflicht, die 2021 den historischen Klima-Beschluss des Bundesverfassungsgerichts begrüßt und öffentlichkeitswirksam vor der Wahl mehr Klimaschutz versprochen hatten. Der Gesetzentwurf sieht das genaue Gegenteil vor.
"Vor zwei Jahren haben etliche der heutigen Ministerinnen und Minister das Klima-Urteil des Bundesverfassungsgerichts bejubelt und gelobt. Jede und jeder von ihnen, die nun im Kabinett nicht ihre Stimme gegen diese Verwässerung und Entkernung des Klimaschutzes in Deutschland erheben, leiden entweder unter Gedächtnisverlust oder opfern vollkommen bewusst die lebenswerte Zukunft der nachfolgenden Generationen. Das ist nicht der Auftrag der Bürgerinnen und Bürger an diese Regierung", sagt DUH-Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz.
Die Änderungen am Gesetz sehen vor, den zentralen Mechanismus des Klimaschutzes in Deutschland abzuschaffen. Bislang machen jährliche, überprüfte und scharfe Ziele für jeden Wirtschaftssektor sichtbar, ob dieser wie vorgesehen Treibhausgase eingespart hat. Bei Zielverfehlung müssen verpflichtend wirksame Sofortprogramme vorgelegt werden. So soll die Dekarbonisierung aller Lebensbereiche sichergestellt werden. Künftig entfällt die Bewertung der Sektoren, auch die Pflicht zu jährlichen Sofortprogrammen. Entscheidend soll dann nur noch eine von der Regierung selbst erstellte Prognose sein, ob sie bis 2030 die Klimaziele insgesamt erreichen kann.
"Wir haben die zehn jungen Beschwerdeführerinnen vor dem Bundesverfassungsgericht in ihrer erfolgreichen Beschwerde unterstützt und eine Verschärfung des Klimaschutzgesetzes erreicht. Doch anstatt dieses anzuwenden verstößt die Ampel-Regierung mit Absicht und Ansage gegen geltendes Recht. Bereits die in der vergangenen Woche veröffentlichte Prognose fußt ganz offensichtlich auf unseriösen Wunschträumen. Das ist ein vom Klimaschutzminister ausdrücklich mitgetragenes Versagen in den Sektoren Verkehr und Gebäude", so DUH-Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch.
Wie problematisch solche Prognosen sind, hat bereits die Veröffentlichung in der vergangenen Woche gezeigt. Dort attestiert sich die Regierung beispielsweise Millionen Tonnen Einsparungen durch ein wirksames, ambitioniertes Gebäudeenergiegesetz - obwohl sie genau dieses am Vortag massiv abgeschwächt hatte und damit keinesfalls diese Werte erzielen kann. Auch weitere Aspekte werfen Fragen auf. Deshalb hat die DUH auf Basis des Umweltinformationsgesetzes die Einsicht in alle Dokumente verlangt, die den Berechnungen und Prognosen der Regierung zugrunde liegen. Die Frist für das Bundeswirtschafts- und -klimaschutzministerium, diese Akten offenzulegen, endet am Freitag (23. Juni 2023).
Gleichzeitig wird die DUH eine Beschwerde einreichen gegen die Bundesregierung vor dem Aarhus-Komitee. Denn die Regierung hat die Zeit für Stellungnahmen der Zivilgesellschaft zum Gesetzentwurf in der vergangenen Woche von eigentlich notwendigen Wochen auf deutlich weniger als zwei Werktage verkürzt. Damit hat sie der Öffentlichkeit die gesetzlich vorgeschriebene angemessene Beteiligung an dem Gesetzgebungsverfahren grundlos verweigert.
"Gerade angesichts dessen, dass das erste Bundesklimaschutzgesetz vom Bundesverfassungsgericht beanstandet wurde, ist eine gründliche juristische und inhaltliche Prüfung des Gesetzes zwingend notwendig. Diese Prüfung und Beteiligung der Zivilgesellschaft ist keine Nettigkeit der Regierung, sondern ihre Pflicht nach der Aarhus-Konvention. Und dafür muss sie ausreichend Zeit geben. Aber obwohl überhaupt keine Dringlichkeit geboten ist, der Bundestag sich erst in Monaten nach der Sommerpause mit dem Gesetz befassen soll, wurde die Frist zur Beteiligung von der Regierung einseitig auf nicht einmal zwei Werktage verkürzt. Das ist absolut unangemessen und deshalb gehen wir dagegen nun vor", sagt Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH.
Pressekontakt:
Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin
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Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer
0160 90354509, mueller-kraenner@duh.de
Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer
0171 3649170, resch@duh.de
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