Ampelregierung verhindert breite Beteiligung an der Energiewende - Deutsche Umwelthilfe fordert Gesetz zum Energy Sharing und Nachbarschaftsstrom
Berlin (ots)
- Ampelregierung verhält sich rechtswidrig und setzt EU-Richtlinie zu vereinfachtem Energy Sharing nicht um
- Versäumnis torpediert bürgernahe Energiewende: Mehr als 90 Prozent aller Haushalte in Deutschland könnten vergünstigt Strom beziehen
- DUH fordert Klima- und Wirtschaftsminister Habeck auf, endlich gesetzliche Regelungen für vereinfachtes Energy Sharing und Nachbarschaftsstrom vorzulegen
Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) wirft der Bundesregierung vor, durch die fortdauernde Nicht-Einführung des sogenannten Energy Sharings - das gemeinschaftliche Erzeugen und vergünstigte Nutzen von Ökostrom - die zentrale Maßnahme für die bürgernahe Energiewende zu verschleppen. Jüngstes Beispiel ist die Unsicherheit darüber, wie es mit dem Anfang des Jahres in der Photovoltaik-Strategie groß angekündigten Solarpaket II weitergehen wird. Darin vorgesehen war neben anderen Erleichterungen für Photovoltaik-Anlagen auch die längst überfällige Umsetzung des Energy Sharings. Laut EU-Gesetzgebung hätte dies bereits Mitte 2021 in Deutschland geltendes Recht sein müssen. Grundlage dafür ist eine EU-Richtlinie von 2018, in der die Rahmenbedingungen für "Erneuerbare-Energie-Gemeinschaften" beschrieben sind. Von den Mitgliedsstaaten wird verlangt, die Voraussetzungen zu schaffen, dass Energiegemeinschaften wirtschaftlich arbeiten können. Das ist in Deutschland bisher nicht der Fall.
Die DUH fordert Klima- und Wirtschaftsminister Habeck deshalb auf, ein entsprechendes Gesetz noch in diesem Jahr in die Umsetzung zu bringen und dafür zu sorgen, das Potenzial der dezentralen Energieerzeugung fürs Klima und die Menschen endlich vollständig auszuschöpfen. Berechnungen zeigen, dass Energy Sharing bis zu 35 Prozent des von der Bundesregierung bis 2030 geplanten Zubaus der erneuerbaren Energien leisten könnte. 90 Prozent aller Haushalte in Deutschland könnten dadurch mit vergünstigtem Strom versorgt werden.
Barbara Metz, Bundesgeschäftsführerin der DUH: "Die stiefmütterliche Behandlung des Themas Energy Sharing ist das bekannte Muster der grünen Regierungsbeteiligung: Angekündigte Ziele werden ohne Not in vorauseilendem Koalitionsgehorsam auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. Dass die Umsetzung fest im Koalitionsvertrag der Ampelregierung verankert ist, scheint Bundeswirtschaftsminister Habeck nicht ernsthaft zu kümmern. Im eigenen Haus und auf dem eigenen Grundstück kann der selbst erzeugte Strom verbraucht werden. In der unmittelbaren Nachbarschaft, auf angrenzenden Grundstücken, aber nicht. Strom von Kiel nach Konstanz zu transportieren kostet genau so viel wie auf die andere Straßenseite. Österreich macht es uns vor: Strom, den man selbst nicht verbraucht, kann dort an den Nachbarn verkauft werden. Zu einem Preis, den man gemeinsam vereinbart hat. Damit trägt Energy Sharing zur Entlastung der Stromnetze bei und ist maßgeblich für die Akzeptanz der Bevölkerung für die Energiewende. Wir fordern, dieses Potenzial nicht länger zu ignorieren und schnellstens die Weichen für Energy-Sharing-Projekte zu stellen. Die Bundesregierung muss entsprechende Vereinfachungen jetzt im Solarpaket I festschreiben - nur so gelingt das Großprojekt der europäischen Energiewende."
Rund 2,2 Millionen Solaranlagen sind in ganz Deutschland verbaut. Häufig verbrauchen ihre Besitzerinnen und Besitzer einen Teil des selbst erzeugten Stroms im eigenen Haus und speisen Überschüsse ins öffentliche Stromnetz ein. Allerdings ist die staatliche Einspeisevergütung in den vergangenen Jahren spürbar gesunken: Für Anlagen mit einer Spitzenleistung von zehn Kilowatt werden 8,2 Cent pro Kilowattstunde (kWh) bezahlt. Der durchschnittliche Haushaltspreis für Strom beträgt derzeit etwa 40 Cent pro Kilowattstunde.
Notwendige Maßnahmen für ein vereinfachtes Energy Sharing sind aus Sicht der DUH der Wegfall der Stromsteuer, die Erstattung der Smart-Meter-Kosten, die Einführung einer Energy-Sharing-Prämie, deren Höhe nach Anlagenleistung und Erzeugungsart differenziert sein sollte sowie die Erweiterung auf erneuerbare Wärmenetz-Quellen wie tiefer Geothermie, Freiflächen-Solarthermie und Großwärmepumpen.
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