Der Tagesspiegel: Wie sicher sind wir, Herr Schily?
Berlin (ots)
Bundesinnenminister Otto Schily sieht bei den Antiterrorgesetzen Ergänzungsbedarf. Vor allem auf der europäischen Ebene müsse man rascher vorankommen", sagte Schily im Gespräch mit dem "Tagesspiegel am Sonntag". Er halte es für erforderlich, die rechtlichen Grundlagen dafür zu schaffen, biometrische Merkmale in Ausweispapiere und Visa einzufügen". Schily drängt zu relativ weit reichenden Maßnahmen": Für ihn sei die Würde des Fingerabdrucks nicht unantastbar". Nachdrücklich verteidigte der SPD-Politiker die Rasterfahndung. Es sei Unsinn", sie per se als Verstoß gegen die Bürgerrechte zu bewerten. Der von der RAF entführte Arbeitgeberpräsident Hanns Martin Schleyer hätte gerettet werden können durch Rasterfahndung".
Aktuell hat der Bundesinnenminister keine Hinweise auf konkrete Attentatspläne zum 11. September, dem Jahrestag der Anschläge in den USA. Aber Deutschland sei nicht außer Gefahr" . Al Qaida habe unser Land ausdrücklich zu Feindesland erklärt". Allerdings liege der Schwerpunkt des Terrors im Moment in Nahost, in Südostasien und Afrika.
Ein EU-Beitritt der Türkei wäre aus Sicht des Innenministers ein Beitrag zur Bekämpfung des Terrorismus", weil damit einBespiel für friedliches Zusammenleben verschiedener Religionen unter dem Dach der EU gegeben werde. Damit schaffen wir ein Bollwerk gegen ideologische Verirrungen." Allerdings dürfe man nicht aus Höflichkeit über Probleme hinwegsehen, sagte Schily. bei der Bekämpfung des religiös motivierten Extremismus habe Deutschland eine zum Teil etwas weiche Haltung". Konflikte dürften nicht mit Gewalt ausgetragen werden. Aber das dürfe nicht zu Lasten einer geistigen Auseinandersetzung gehen. Eine permissive (nachgiebige) Haltung, die zuweilen auch bei den christlichen Kirchen zu beobachten ist, halte ich für hochgefährlich." Aus Schilys Sicht kann die Türkei dennoch nicht schon 2004 EU-Mitglied werden. Das sei sicher ein langwieriger Prozess. Er nannte es aber einen beachtenswerten Vorgang", dass sich CSU-Chef Edmund Stoiber der Türkei mit seinem Nein zum Kandidatenstatus gegen alle europäischen Regierungschefs" stelle.
Schily kritisierte außerdem die Streitigkeiten innerhalb der Koalition. Die Disziplinlosigkeit einiger Personen bei unserem Koalitionspartner ist doch schädlich." Leider gebe es aber auch in den Reihen der SPD einige, die den Grünen nachzueifern versuchen", rügte der Sozialdemokrat.
Zu seinen eigenen Zukunftsplänen sagte der Innenminister, niemand sei unersetzbar und irgendwann muss man eine Grenze ziehen". Der 71- jährige Schily wollte sich nicht auf ein Datum für sein Ausscheiden festlegen, merkte aber an, vielleicht solle er sich nach Bismarck richten. Der dankte mit knapp 75 Jahren ab.
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