Der Tagesspiegel: Interview mit Sozialministerin Ulla Schmidt zu Rente/Pflege
Berlin (ots)
Sozialministerin Ulla Schmidt (SPD) beharrt darauf, dass die Rente mit 67 unvermeidbar sei. Langfristig wird man um die Frage nicht herumkommen", sagte die Ministerin im Interview mit dem Berliner "Tagesspiegel am Sonntag". Man muss sich entscheiden: längere Lebensarbeitszeit, steigende Beiträge oder ein sinkendes Rentenniveau. Das sind die Stellschrauben", sagte Schmidt. Die Entscheidung dränge zwar noch nicht, aber spätestens 2010 müs-se der Bundestag sich mit dem Thema beschäftigen, sagte Schmidt. Beim Thema Rente mit 67 ist unsere Gesellschaft noch nicht so weit." Die Sozialministerin stellt auch für 2005 stabile Rentenbeiträge in Aussicht. Wenn die Wirt-schaft anspringt", werde der Beitrag bei 19,5 Prozent bleiben. "Wir setzen voll auf die Karte, dass der Aufschwung kommt." Schmidt sagte, die Nullrunde 2004 solle zwar die Ausnah-me" bleiben. Wenn aber die aktive Generation nichts drauf gelegt bekommt, werden auch die Anpassungen für Rentner mager ausfallen." Schmidt verteidigte die Regierungspläne, die Ausbildungszeiten für Akademiker zu streichen. Sie zeigte sich überrascht, dass das Streichen eines Privilegs für gutverdienende Akademiker für mehr Aufruhr in Deutschland sorgt, als die Nullrunde oder die Belastung der Rentner mit dem vollen Pflegebeitrag." Schmidt hofft auf einen großen Rentenkonsens mit der Union noch in diesem Jahr. Ich hoffe auf einen Winter der konstruktiven Lösungen", sagte Schmidt. Es sei aber auch nicht verwunderlich", dass die Union bei den kurzfristigen Rentenplänen aufjaule. Deren Spitze muss sich prügeln lassen, weil sie bei der Gesundheitsreform mitgemacht hat. Da wollen die nicht auch noch für die Rente mit verhaftet werden", sagte Schmidt. Bei der Reform der Pflegeversicherung will Schmidt einen Zuschlag für Kinderlose und Nichterziehende verlangen. Das Bundesverfassungsgericht hatte verlangt, dass bis Ende 2004 Kinderziehung in der Pflege honoriert wird. Wenn ich viel Geld in der Pflegekasse hätte, könnten wir für Erziehende meinetwegen des Beitrag halbieren", sagte Schmidt. Die Zahl der Pflegebedürftigen werde sich verdoppeln, deswegen habe sie keinen Spielraum, um Entlastungen bei den Beiträgen zu finanzieren." Schmidt distanzierte sich von Vorschlägen des Regierungsberaters Bert Rürup, für die Jüngeren einen Kapitalstock in der Pflegeversicherung einzuführen, der über einen Solidarbeitrag der Rentner finanziert wird. Wenn die Rentner schon jetzt mit der geplanten Rentenreform den vollen Pflegebeitrag zahlen sollen, können wir sie nicht noch zusätzlich mit einem Solidarbeitrag belasten", sagte die Ministerin. Schmidt rechnet damit, dass ohne einen Kapitalstock die Beiträge der Pflegeversicherung bis zum Jahr auf 2,2 Prozent steigen müssen. Die SPD-Politikerin kündigte an, Anfang Januar wolle sie ein Gesetz in den Bundestag einbringen, das noch vor dem Sommerpause verabschiedet werden solle.
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