Börsen-Zeitung: Aufreibende VW-Zeiten, Kommentar von Peter Olsen zur Bilanzvorlage der Volkswagen AG
Frankfurt (ots)
Irgendwie hat man sich ja schon daran gewöhnt, ob bei DaimlerChrysler oder bei Volkswagen: Die Schwachpunkte sind erkannt, es wirdumstrukturiert,undinZukunft soll alles besser sein. Allein, in Zukunft gerichtete Aussagen kranken regelmäßig daran, dass das Umfeld nicht statisch ist, sondern sich weiter entwickelt zuletzt aber meist mit negativen Ausprägungen.
Und so hat es der Volkswagen-Konzern nicht nur in China mit aufreibenden Zeiten zu tun, obwohl dort ein ruinöser Preiskampf die Verteidigung der Marktführerschaft erschwert. Auch in Nordamerika muss eine neue Strategie her, ein US-Werk ist gleichwohl nicht geplant. 2005 wird das US-Geschäft nochmals Verluste bescheren, denn trotz einer Dollar-Absicherung von 70% schmerzt die Euro-Stärke weiter, zumal neue Modelle wie Jetta (aus Mexiko) und Passat erst im Jahresverlauf bei den Stückzahlen eine Wende bringen werden.
Und in Deutschland sowie im übrigen Europa kann Konzernchef Bernd Pischetsrieder für die nahe Zukunft kein dynamisches Wachstum oder gar ein Ende der Kaufzurückhaltung der privaten Autokäufer erkennen. Preiserosion, Rohstoffverteuerung und stagnierende Absatzmärkte zusammen bilden aber einen Cocktail, der fast ungenießbar ist auch für die Investoren. Richtigerweise erkennt Pischetsrieder, dass es nicht ausreichen wird, den Unbilden mit neuen erstklassigen Produkten entgegenzutreten. Damit ist die Linie vorgezeichnet: Dem aktuellen ForMotion-Spar- und Effizienzsteigerungsprogramm werden weitere Anstrengungen folgen. In einer solchen Situation versprüht man nicht Optimismus, obwohl doch einige Beobachter glauben, dass die VW-Führung mit ihrer extrem konservativen Prognose eher konservativ tiefstapelt.
Der Neue in der Führungsriege, der jungdynamische Chrysler-Sanierer Wolfgang Bernhard, soll die Markengruppe Volkswagen nun nicht erst Anfang 2006, sondern deutlich früher übernehmen. Auch das ist ein Signal, dass man in Wolfsburg gewillt ist, bei der nachhaltigen Steigerung der Rentabilität der Hauptmarke Volkswagen Gas zu geben. Eine Kapitalrendite von kümmerlichen 1,2% im Automobilgeschäft ist wirklich kein Ruhmesblatt und outet Volkswagen wieder einmal als Wertvernichter. Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch hatte einmal 9% für 2006 im Visier. Man wird VW daran messen, wie nahe der Konzern diesem Ziel schon 2005 kommt.
(Börsen-Zeitung, 9.3.2005)
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