Rheinische Post: Die Union spielt mit dem Wahlsieg
Düsseldorf (ots)
von Martin Kessler
Eine so desolate Debattenlage hat die Union schon lange nicht mehr erlebt. Nachdem CDU und CSU seit Beginn dieses Jahres in Hessen, bei der Bundespräsidentenwahl und zuletzt beim Urnengang zum Europäischen Parlament einen Punkt nach dem anderen für sich verbuchten, leisten sich die führenden Christdemokraten jetzt weniger als 100 Tage vor der Wahl eine Gespensterdiskussion. Die Union ist drauf und dran, das diesjährige Sommertheater zu bestreiten. Denn mit Merkels Festlegung, bei der Mehrwertsteuer nichts zu verändern, ist die Debatte wohl nicht zu Ende. Angesichts Steuerausfällen von 310 Milliarden Euro in der nächsten Wahlperiode muss die Union schon ein Finanzierungskonzept nennen, wenn sie 15 Milliarden Euro jährlich den Bürgern zurückgeben will. Die Absicht ist richtig. Denn dass gut verdienende Facharbeiter oder Angestellte schon ab einem Jahreseinkommen von 52 000 Euro den Spitzensatz von 42 Prozent bezahlen, ist leistungsfeindlich. Wenn aber die Mehrwertsteuer zum Tabu erklärt wird und sich die Union auch nicht zu Einsparungen bei Rente oder Gesundheit durchringen kann, spielt sie mit ihrer Glaubwürdigkeit. Merkel ist durch die Beinahe-Niederlage von 2005 ein gebranntes Kind, was konkrete Ziele betrifft. Ein durchgerechnetes Programm in der Steuerpolitik muss sie aber trotzdem vorlegen.
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