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Rheinische Post: Die offene Gesellschaft und ihre Feinde

Düsseldorf (ots)

Von Sven Gösmann
Die Einzigartigkeit der Terroranschläge des 11. September 2001 
misst sich auch an der Einzigartigkeit der Sprache, die zu ihrer 
Bewältigung genutzt wurde. "Nichts wird mehr so sein, wie es war", 
hieß die Erkenntnis, die unmittelbar nach dieser Zäsur der 
Weltgeschichte um den Globus eilte. Der Präsident der verstörten 
Weltmacht USA, George W. Bush, teilte die Staatengemeinschaft in 
diejenigen ein, die "für uns sind und die, die für die Terroristen 
sind". Es war der verbale Auftakt zum "Krieg gegen den Terror." 
Mittlerweile ist in einem untauglichen Versuch, die neuen 
Konfliktlinien zu beschreiben, der Begriff der "Achse des Bösen" dem 
Abwehrkampf gegen den "Islam-Faschismus" gewichen.
Stand am Beginn das Bemühen, Unbeschreibliches zu beschreiben, 
dominierte bald die nach Vergeltung dürstende Sprache der Militärs 
und später das Bemühen, die Welt wieder in klare Lager einzuteilen. 
Doch der 11. September und seine Folgen taugen nicht für einfache 
Antworten.
Amerika als Führungsmacht und weite Teile der westlichen Welt 
reagierten trotzdem mit dem schlichtesten aller Mittel: Waffengewalt.
Die Taliban, Schutzmacht des Terrors in Afghanistan, wurden 
vorübergehend vertrieben. Iraks Diktator Saddam Hussein wurde 
gestürzt. In den entwickelten Gesellschaften wurde die persönliche 
Freiheit eingeschränkt, um die Freiheit als solche zu erhalten.
Der Erfolg? Nicht von Dauer. Aus den vielfältigen Gesichtern des 
islamistischen Terrorismus kann man nicht die Fratze eines einzelnen 
Feindes zeichnen. Die offenen Gesellschaften des Westens begreifen 
erst langsam, dass sie eben nicht mehr gegen ein ideologisch klar 
umrissenes Lager mit identifizierbaren Führungsfiguren wie den 
Kommunismus oder die Nazi-Barbarei kämpfen. Auf den Schlachtfeldern 
des 21. Jahrhunderts gibt es keine Feldherrenhügel: Es sind unsere 
Innenstädte, Nahverkehrszüge, Flughäfen. Die Armeen marschieren nicht
auf, sie leben unter uns.
Was tun? Die westliche Welt muss strikter als nach dem 11. September 
darauf achten, dass sie ihren Wertekodex hegt. Rechtsbruch wie in 
Guantanamo untergräbt jeden Versuch, unser demokratisches Modell auf 
unterentwickelte Gesellschaften zu übertragen. Nichts befeuert die 
archaisch denkende Welt des Islamismus mehr, als wenn wir unsere 
Prinzipien verlassen und somit Schwäche verraten. Stehen wir 
wehrhaft, jedoch rechtstreu zu demokratischen Werten, werden wir die 
Auseinandersetzung mit der Unfreiheit gewinnen. Fünf Jahre danach ist
es dafür nicht zu spät.

Rückfragen bitte an:

Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303

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