ots.Audio: Forderungen der Gewerkschaften bedrohen Arbeitsplätze
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Berlin (ots)
(Berlin, 3. Juli 2007) Am 19. Juni 2007 haben die Verhandlungen zur Entgeltrunde 2007 für rund 134.000 Beschäftigte bei der Deutschen Bahn AG begonnen. Die Verhandlungen für die Deutsche Bahn führt der Arbeitgeberverband der Mobilitäts- und Verkehrsdienstleister (Agv MoVe). Die geltenden Entgelttarifverträge für die DB-Gesellschaften liefen am 30. Juni 2007 aus. Die DB steht im Wettbewerb mit anderen Verkehrsträgern wie dem Auto und dem Flugzeug und mit rund 350 Eisenbahnunternehmen. In diesem Jahr und in den kommenden Jahren gibt es zahlreiche Ausschreibungen im Nahverkehr. Um sich erfolgreich an den Ausschreibungen beteiligen zu können und damit langfristig Arbeitsplätze bei der DB AG zu sichern, ist der Angebotspreis entscheidend, der in starkem Maße von den Personalkosten abhängt. Die Kosten für die Züge, Energie, Trassen sind für alle Wettbewerber auf der Schiene ähnlich. "Schon heute liegt das Tarifniveau der DB Regio AG, des Nahverkehrs der Deutschen Bahn, bis zu 25 Prozent über dem der Wettbewerber", sagt Margret Suckale, Personalvorstand der Deutschen Bahn. Die Beschäftigten profitieren außerdem von deutlich besseren Arbeitszeitbedingungen als ihre Kollegen bei den anderen Bahnen. Suckale erwartet daher für die laufende Tarifrunde "einen Tarifabschluss, der an das mit den Gewerkschaften im Februar 2005 vereinbarte Zukunftsprogramm für Wirtschaftlichkeit und Beschäftigung anschließt". Die Forderungen der Bahngewerkschaften sind bundesweit die höchsten in der laufenden Tarifrunde. Sie liegen noch über jenen in der Metall- und Elektroindustrie sowie der Chemischen Industrie. Die Tarifgemeinschaft aus Transnet und GDBA fordert, dass die Einkommen um sieben Prozent ansteigen, mindestens jedoch um 150 Euro. Das sind in den wesentlichen Entgeltgruppen Steigerungen von bis zu 10 Prozent. Die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) strebt einen eigenen Sparten-Tarifvertrag für das Fahrpersonal an, in dem sie Einkommenserhöhungen von bis zu 31 Prozent fordert. Unter Berücksichtigung der Forderungen zur Arbeitszeit bedeutet das Kostensteigerungen von bis zu 45 Prozent. Uwe HerzSprecher Personal Tel. +49 (0) 30 297-61196Fax +49 (0) 30 297-61195medienbetreuung@bahn.dewww.db.de/presse
Für den DB-Konzern führen Kostensteigerungen infolge überzogener Tarifabschlüsse zu Verlusten bei Aufträgen und Ausschreibungen und erhöhen letztlich den Rationalisierungsdruck bei Arbeitsplätzen. Die Beschäftigungssicherung wäre in Frage gestellt. Allein in diesem Jahr vergeben die Besteller insgesamt rund 37,5 Millionen Zugkilometer im Nahverkehr neu. Die Vergabe betrifft bei der Bahn rund 1.500 Mitarbeiter, deren Arbeitsplätze davon abhängen, ob die DB Regio AG ein wettbewerbsfähiges Angebot platzieren kann. Auch die Railion Deutschland AG steht im stark umkämpften Güterverkehrsmarkt im Wettbewerb - auf der Schiene und zwischen den Verkehrsträgern. Auch hier gilt: Bei Transportaufträgen entscheidet wesentlich der Preis. Bei den von der Tarifgemeinschaft geforderten sieben Prozent würden allein in diesem Jahr etwa 5,3 Millionen Zugkilometer mit rund 7,6 Millionen Netto-Tonnen wegfallen. Dies hätte zur Folge, dass im operativen Produktivitätsbereich Arbeitsplätze wegfallen würden - jeder zweite davon für Lokführer. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hatte jüngst in einer Studie ermittelt, dass in den nächsten Jahren sogar bis zu 9.000 Arbeitsplätze bei der bei der DB AG unmittelbar gefährdet sind, wenn überhöhte Tarifforderungen gestellt werden. Der durchschnittliche Nettoverdienst eines Lokführers lag 2006 bei monatlich rund 2.100 Euro - und damit über dem deutschen Durchschnittslohn. Seit Januar 2000 wurden die Tabellenentgelte um rund zehn Prozent angehoben. Für die Arbeitnehmer in den neuen Bundesländern wurde im selben Zeitraum eine weitere Ost-West-Anpassung von rund 14 Prozent vereinbart. Für diese Beschäftigten sind die Einkommen um rund 24 Prozent angestiegen. Die volle Ost-West-Anpassung erfolgte bereits zum 1. September 2006. Damit gab es bei der Deutschen Bahn - entgegen der Behauptung der GDL - keinen Reallohnverlust. Nur zwei Prozent Anhebung bei DB-Wettbewerbern Die GDL fordert jetzt für das Fahrpersonal bei der Bahn um bis zu 31 Prozent höhere Entgelte. Die GDL fordert damit mehr als das 15-fache von dem, was sie für vergleichbare Tätigkeiten bei Wettbewerbern mit weitaus geringerem Tarifniveau vereinbart hat. So hat etwa die GDL bei der Südthüringen-Bahn und der Erfurter Industriebahn Tarifanhebungen von zwei Prozent vereinbart. Auch die Tarifgemeinschaft hat bei Wettbewerbern Tarifsteigerungen abgeschlossen, die weit unter den Forderungen bei der Deutschen Bahn liegen. Das widerspricht einer Sozialpartnerschaft und ist nicht nachvollziehbar. Beschäftigungsbündnis gefährdet Im Tarifpaket vom Februar 2005 hatte die Deutsche Bahn mit allen drei Gewerkschaften vereinbart, für 160.000 Beschäftigte in 46 Unternehmen des DB-Konzerns bis Ende 2010 auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Den Schutz des Beschäftigungssicherungstarifvertrages (BeSiTV) hat die Deutsche Bahn zum 1. Mai dieses Jahres auf Arbeitnehmer ausgedehnt, die aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen ihre bisherige Tätigkeit nicht mehr ausüben können. Auf Basis des BeSiTV wurden seit 2005 in den Betrieben der Bahn-Unternehmen viele Beschäftigungsbündnisse geschmiedet, mit denen Mitarbeiter weiterhin eine berufliche Perspektive im bisherigen Umfeld erhalten. Mit diesen Beschäftigungsbündnissen ist die DB in der deutschen Wirtschaft beispielhaft. Mit Arbeitszeitabsenkung, betrieblichen Bündnissen und über den konzernweiten Arbeitsmarkt sichert die Bahn insgesamt 7.000 Beschäftigungsverhältnisse. Mittels Insourcing konnten seit Februar 2005 rund 1.000 Arbeitsplätze in den DB-Konzern zurückgeholt werden. Vor allem in den Bereichen Sicherheits- und Ordnungsdienst, IT-Service-Desk, Fahrzeuginstandsetzung, BahnCard-Service und Reinigung erhielten Mitarbeiter neue Beschäftigungsperspektiven. Dazu Margret Suckale: "Die Leistungen des Konzernarbeitmarktes werden in anderen Unternehmen nicht geboten, bei der Deutschen Bahn sind sie selbstverständlich." Sie sind jedoch nur mit hohem personellem und organisatorischem Einsatz sowie enormen Kosten möglich. Von allein rechnet sich der Aufwand nicht. Im Tarifpakt mit den Gewerkschaften von 2005 wurden deshalb moderate Tarifanhebungen für die BeSiTV-Laufzeit bis Ende 2010 vereinbart. "Die Forderungen der Gewerkschaften verlassen die vereinbarte Linie zur Beschäftigungssicherung und stellen die Finanzierung des Beschäftigungsbündnisses ernsthaft in Frage", so Suckale weiter. Ein Spartentarifvertrag ist nicht umsetzbar Ein Spartentarifvertrag, wie ihn die GDL fordert, würde für einzelne Arbeitnehmergruppen zu unterschiedlichen Tarifregelungen führen. Weicht etwa die Arbeitszeit innerhalb der Arbeitnehmergruppe "Fahrpersonal" in den Tarifverträgen voneinander ab, müssten Schichtpläne je nach Gewerkschaftszugehörigkeit unterschiedlich erarbeitet und unterschiedlich abgerechnet werden. Das Fahrpersonal der DB wird von allen drei Gewerkschaften organisiert. Eine vernünftige Dienstplangestaltung wäre ausgeschlossen, zumal Arbeitnehmer ihre Gewerkschaft jederzeit wechseln können. Darüber hinaus können beim Fahrpersonal auch Mitgliedschaften in mehreren Gewerkschaften bestehen. Spezielle Regelungen für einzelne Berufsgruppen können aber durchaus erforderlich sein. Deshalb hat die Deutsche Bahn auch in die bestehenden Tarifverträge eine Reihe von Sonderbestimmungen aufgenommen. So erhalten etwa die Mitarbeiter in der Instandhaltung Erschwerniszulagen. Es hat sich bewährt, mit den Gewerkschaften grundsätzlich inhaltsgleiche Tarifverträge abzuschließen. Für alle Mitarbeiter gelten damit unabhängig von ihrer gewerkschaftlichen Mitgliedschaft einheitliche Beschäftigungsbedingungen. Daran will und wird die DB festhalten. Suckale: "Ein Spartentarifvertrag und damit eine Spaltung der Belegschaft in Mitarbeiter erster und zweiter Klasse lassen wir nicht zu." Hartmut Mehdorn, Vorstandsvorsitzender DB AG
1. O-Ton (Teil 1)/Länge: 2:08 min "Wir sind hier in Deutschland flächendeckend schwer gestört. In den großen Zentren ist der Bahnverkehr in den Morgenstunden nahezu zum Erliegen gekommen. Seit neun Uhr rollt es wieder einigermaßen ordentlich. Wir gehen aber davon aus, dass im Tagesablauf die alten Fahrpläne nicht wieder eingeholt werden, so dass sich die Störung von heute Morgen schon über den Rest des Tages bis null Uhr durchziehen werden und wir morgen früh mit einem neuen Fahrplan beginnen können; aber dann natürlich auch wieder mit Streiks rechnen.
Ich sage auch im Namen der DB AG, dass für uns das Vorgehen der Gewerkschaften völlig unverständlich ist und auch völlig unakzeptabel ist. In dieser frühen Phase, wo wir uns in Verhandlungen befinden, da sehen wir die Notwendigkeit für Warnstreiks so weder gegeben noch für gerechtfertigt. Wir haben - im Gegenteil - es bei der Gewerkschaft der Lokomotivführer, die überhaupt nicht mit uns verhandelt haben, die sich geweigert haben, an den Verhandlungstisch zu kommen, mit Warnstreiks zu tun. Wir nehmen dort zur Kenntnis, dass dort Forderungen auf dem Tisch sind, die irrwitzig sind, auch nie zu erfüllen sein werden. Forderungen bis zu 31 Prozent Lohnerhöhung, dass gefährdet Arbeitsplätze, das können wir so nicht akzeptieren. Wir sind dann auch sehr konsterniert fest zu stellen, dass die gleiche Gewerkschaft mit Wettbewerbsbahnen von der DB AG Abschlüsse zwischen zwei und drei Prozent gemacht hat. Ich gehe davon aus, dass hier die Bahn vorsätzlich geschädigt werden soll. Anders kann ich mir das fast nicht vorstellen.
Auch die Forderung nach einem eigenen Tarifvertrag werden wir nicht akzeptieren können. Das wäre ein ganz schlechter Trend für die deutsche Industrie insgesamt. Es wäre ein Präzedenzfall, wenn Minderheiten durch erpresserische Maßnahmen sich eigene Tarifverträge rausarbeiten könnten. Wir werden das nicht akzeptieren. Bei der Bahn wird das nicht beginnen. Wir können das nicht. Wir werden die Spaltung der Mitarbeiter bei der Bahn nicht akzeptieren."
1. O-Ton (Teil 2)/Länge: 2:25 min "Auf Grund auch der heutigen Lage - aber nicht nur deshalb - habe ich alle drei Gewerkschaftsführer heute morgen noch einmal angeschrieben. Ich habe sie alle drei gebeten, jetzt wirklich für Donnerstag an den Verhandlungstisch zurück zu kehren, die Warnstreiks einzustellen, mit uns ordentlich zu verhandeln, wie sich das gehört zwischen Tarifpartnern, und wir sehen gute Möglichkeiten hier auch zu einem akzeptablen Ergebnis zu kommen. Aber einem Ergebnis, was den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Bahn Rechnung trägt. Natürlich wissen wir auch, dass Bahner keine Hochverdiener sind, aber im Vergleich zu anderen Berufsgruppen sind sie nicht benachteiligt. Das können wir eindeutig feststellen. Und natürlich wollen wir auch die Mitarbeiter der Bahn am Erfolg der Bahn mitnehmen. Auch das werden wir berücksichtigen, oder das ist berücksichtigt bei unseren Verhandlungen, und das werden wir auch so weiter geben. Aber das kann nicht in exzessiven Forderungen wie sieben Prozent oder gar 31 Prozent enden. Das gibt die wirtschaftliche Lage nicht her. Das wäre ein Angriff auf die Wettbewerbsfähigkeit der Bahn, um die wir in den letzten Jahren so viel gekämpft haben. Und das wäre vor allen Dingen, das hätte zur Folge, dass wir weiterhin Arbeitsplätze abbauen müssten. Und das in einer Zeit, wo ich auch persönlich sehr stark dafür gekämpft habe, dass wir einen Beschäftigungspakt bis zum Jahr 2010 abgeschlossen haben - also bei der Bahn, als einziges Großunternehmen Deutschlands, Arbeitsplatzgarantie geliefert haben -, dass wir diese Aggressivität an dieser Stelle überhaupt nicht verstanden haben.
Wir gehen also davon aus, dass die drei Gewerkschaftsführer am Donnerstag bei uns am Verhandlungstisch sitzen werden und das wir an diesem Verhandlungstisch ein, so hoffe ich, schnelles und gemeinsames Ergebnis erkämpfen werden, das ist klar. Das wird nicht so einfach sein. Ich hoffe, dass uns das gelingt, so dass wir möglichst schnell wieder in einen geregelten Verkehr reinkommen und nicht die gestraft werden, die dafür überhaupt nichts können: unsere Kunden. Die verdienen eigentlich, dass wir weiterhin unseren Service verbessern und aufrecht erhalten. Aber nicht durch so eine interne Kampfmaßnahme gestört werden."
2. O-Ton/Länge: 0:46 min "Die Bahn verhandelt. Und wer verhandelt, der sucht natürlich auch Kompromisse. Und Kompromisse werden immer von beiden Seiten zu machen sein und sind kein Diktat, sondern ein Verhandlungstisch ist ein Verhandlungstisch. Und Tarifverhandlungen sind immer schwierig. Das war noch nie anders. Auch bei der Bahn. Bloß: Warnstreiks durchzuführen, ohne überhaupt darüber verhandelt zu haben, das ist schon ein bisschen..., das hat schon Geschmack. Das akzeptieren wir so nicht. Das kann so auch nicht weiter gehen.Danke schön."
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