Nach Johannesburg: Globalisierung in soziale und ökologische Bahnen lenken
Hamburg (ots)
Zu den Ergebnissen des Weltgipfels für Nachhaltige Entwicklung erklären die beiden Vorstandsmitglieder Ralf Fücks und Barbara Unmüßig für die Heinrich-Böll-Stiftung:
Die Bilanz des Weltgipfels in Johannesburg bleibt zwiespältig: Den bitter notwendigen Sprung nach vorn bei der Bekämpfung der Armut und dem Schutz der Umwelt hat Johannesburg nicht gebracht. Die Zielvereinbarungen im Wasserbereich sind zwar ein wichtiger Schritt, der Einstieg in eine globale Energiewende scheiterte allerdings am Widerstand der Lobby fossiler Energien in den USA und den OPEC Staaten.
Der Gipfel war Schauplatz einer Auseinandersetzung zwischen der Europäischen Union und den USA über die Zukunft multilateraler Politik und der Vereinten Nationen. Die Unterordnung umweltpolitischer UN-Abkommen unter den Welthandelsvertrag der WTO konnte gerade noch verhindert werden. Impulse für eine ökologische und soziale Reform der Welthandelsorganisation blieben jedoch aus. Nicht nur die USA legen es darauf an, Einschränkungen ihrer nationalen Handlungsfreiheit durch multilaterale Vereinbarungen möglichst zu verhindern. Damit werden die UN als Dachorganisation zur Lösung globaler Probleme geschwächt.
Die erstmalige Verankerung des Prinzips ökologischer und sozialer Verantwortlichkeit von Unternehmen (corporate accountability) auf der Agenda der Vereinten Nationen ist ein Schritt in die richtige Richtung. Freiwillige Selbstverpflichtungen und globale Partnerschaften allein werden jedoch nicht ausreichen. Die politischen Anstrengungen für verbindliche soziale und ökologische Standards für Unternehmen müssen nach Johannesburg verstärkt voran getrieben werden.
Johannesburg demonstrierte, dass die Welt über zentrale Fragen der Zukunftsgestaltung gespalten ist. Ein tiefes Misstrauen zwischen den Industrieländern des Nordens und den südlichen Entwicklungsländern prägte die Verhandlungen. Das Beharren von EU und USA auf den Beibehalt ihrer Agrarsubventionen sowie zahlreicher weiterer Handelsschranken verstärkte diesen Konflikt.
Der Johannesburg Gipfel verfehlte das zentrale Thema des kommenden Jahrzehnts: wie die wirtschaftliche Globalisierung in soziale und ökologische Bahnen gelenkt werden kann. Hierüber bestehen zwischen Europäern und USA zur Zeit fundamental unterschiedliche Auffassungen. Wegen der Spaltung der Europäischen Union in progressive Vorreiterstaaten, wie die rot-grün regierten Mitgliedsstaaten Belgien und Deutschland, sowie der konservativen Besitzstandsmentalität anderer Staaten, wurde die EU allerdings ihrer erhofften Vorreiterrolle nicht gerecht.
Die politischen Grenzen von Großkonferenzen wie dem Weltgipfel für nachhaltige Entwicklung werden zu Recht heftig diskutiert werden. Ihre Fortführung wird nur mit grundlegenden Reformen der Wirtschafts- und Sozialkommission der UN (ECOSOC) sowie der Stärkung ihrer internationalen Umwelt- und Entwicklungsorganisationen sinnvoll sein. Dazu gehört die politische und finanzielle Stärkung des Umweltprogrammes der Vereinten Nationen (UNEP) sowie Sanktionsinstrumente zur Durchsetzung des globalen Umweltrechts.
Für die Arbeit der Heinrich-Böll-Stiftung war der Johannesburg-Gipfel ein großer Erfolg. Mit mehr als 30 durchweg gut besuchten Veranstaltungen gehörten wir zu den aktivsten Nichtregierungsorganisationen. Große Resonanz fand das "Jo'burg Memorandum" (www.joburgmemo.de) zu ökologischer und sozialer Gerechtigkeit, das von einer südafrikanischen Zeitung als beste Publikation des Gipfels ausgezeichnet wurde. Wir werden unsere Arbeit zu Nachhaltigkeit und Globalisierung in den nächsten Jahren noch verstärken.
Kontakt in Berlin: Pressestelle der hbs, Tel 030-285 34 200/202
in Johannesburg: Sascha Mueller-Kraenner, 0027-83-2962107, Joerg Haas, 0027-83-4121292
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