Lausitzer Rundschau: Israel marschiert nach rechts Nach knappem Wahlausgang Streit um Regierungsbildung
Cottbus (ots)
Zipi Livni hat zwar die Wahlen gewonnen. Doch Benjamin Netanjahu wird wahrscheinlich die neue Regierung bilden. Schon diese Absurdität zeigt die Notwendigkeit eines Systemwechsels bei Wahlen und Regierung auf. Israel kennt seit Längerem alle zwei Jahre neue Regierungen. Schuld daran tragen Politiker, die sich der Disziplinlosigkeit, dem Macht8rausch und der persönlichen Bereicherung hingegeben haben. Mitschuldig sind aber auch die Wähler. Sie vergessen deren Schandtaten, wählen nicht eine Überzeugung, sondern stimmen gegen Personen. Benjamin Netanjahu war einer der schlechtesten Regierungschefs in der kurzen Geschichte Israels. Als Finanzminister rettete er zwar, jedenfalls nach eigener Ansicht, die Wirtschaft, doch stieß er Unzählige in den sozialen Abgrund. Nichts deutet darauf hin, dass er sich geändert hat. Mehrfach wurde ihm sein gebrochenes Verhältnis zur Wahrheit nachgewiesen. Aus "Netanjahu, dem Staatsmann", als der er sich zu Beginn des Wahlkampfes präsentierte, wurde am Schluss wieder "der alte Bibi", der Politiker, der die Wahl verlor, aber wohl die Macht gewinnen wird. Im Inneren kann eine neue Regierung - welcher Farbnuance sie auch sein mag - mit stabiler parlamentarischer Mehrheit durchaus von Nutzen sein. Wenn sie sich etwa auf die Bekämpfung der Wirtschaftskrise, der Arbeitslosigkeit und auf Investitionen in die Infrastrukturen konzentriert und die Milliarden nicht, wie frühere Likud-Regierungen, in die Siedlungen steckt. Zweifel sind aber angebracht, ob eine Rechtsblock-Regierung nicht doch in einzelnen Bereichen dem Druck kleinerer Partner nachgeben wird. Im Ausland ist man über die Perspektive einer Netanjahu-Regierung beunruhigt. Frieden zwischen Israel und seinen arabischen Nachbarn sei in noch größere Ferne gerückt, heißt es. Mag sein. Nur: In Israel hat kaum mehr jemand mit Frieden in absehbarer Zeit gerechnet. Natürlich würde sich für das Ausland alles rosiger ausnehmen, wenn Zipi Livni die Regierung bilden, Netanjahu zumindest keiner Rechtsblock-Regierung vorstehen würde. Dabei wird übersehen, dass auch Livni bei Verhandlungen mit den Palästinensern kein Durchbruch gelang. Israels Wähler sind aus Träumen vom sozialen Wohlfahrtsstaat, in dem es sich in Frieden gut leben lässt, aufgewacht. Auch ihre Hoffnungen auf einen starken Mann, der sie in eine bessere Zukunft führt, haben sie aufgegeben. Sie müssen sich mit Netanjahu begnügen und können nur beten, dass es ihm gelingt, den inneren und äußeren Status quo zu halten.
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