Lausitzer Rundschau: Zu Nahost/Gewalt: Pulverfass Heiliges Land
Cottbus (ots)
Die Lausitzer Rundschau, Cottbus, zu Nahost/Gewalt:
In Israel und den palästinensischen Gebieten gilt das Prinzip Hoffnung. Gehofft wird von den Politikern beider Seiten, dass der erst seit zwei Monaten gültige Waffenstillstand anhält. Trotz des tödlichen Zwischenfalles in Rafah hoffen die Palästinenser, dass Israel im Juli diese Siedlung räumt und danach seine Truppen aus dem Gazastreifen zurückzieht. Die Siedler hoffen genau das Gegenteil. Die Schüsse von Rafah und die Geschosse in Gusch Katif zeigen, wie labil dieser Waffenstillstand ist, dass es sich höchstwahrscheinlich gar nicht um einen solchen handelt, sondern nur um eine vorübergehende Waffenruhe. Diese dürfte wohl kaum länger halten als bis zum Ende des israelischen Rückzuges aus dem Gazastreifen im Herbst wenn überhaupt. Auf israelischer Seite wird nicht nur von Nationalisten, sondern auch von Sicherheitsverantwortlichen behauptet, die palästinensischen Extremisten benutzen die Ruhepause zur Aufrüstung, um gegen Jahresende den bewaffneten Kampf wieder intensivieren zu können. Bisher sind es aber die Extremisten, die nationalistischen Fanatiker auf ihrer eigenen Seite, welche Israels Polizei auf Trab halten. Seit sie ihre parlamentarisch-politischen Protestmittel gegen Ariel Scharons Loslösungsplan ausgeschöpft haben ohne irgendeinen Erfolg zu erzielen intensivieren sie ihre außerparlamentarischen Aktionen, beginnend mit auf Häuserwänden und Grabsteinen hingeschmierten Morddrohungen und anderen unverantwortlichen Provokationen: alles Richtung Gewalt. Die von der Regierung mit der Siedlungsräumung beauftragte oder besser zu dieser verurteilte Polizei wird während dieser zweifelsohne nicht auch noch an der Heimatfront auf die nationalistischen Heißsporne aufpassen können. Vielmehr erweist sie sich bereits jetzt in der Anfangsphase der aktiven Opposition als überfordert. Die kompromisslosen Rückzugs- und Räumungsgegner erweisen sich deshalb nicht nur als Gefahr für die erhoffte Befriedung der Region, sondern vor allem für die noch immer nicht stabile israelische Demokratie. Im Gegensatz zu ihnen haben viele, möglicherweise bereits die Mehrheit der vom Räumungsbeschluss betroffenen Siedler im Gazastreifen pragmatische Konsequenzen aus dem Scheitern des parlamentarischen Widerstandes gezogen. Sie sind zwar zu weiteren Protesten bereit, wohl aber nicht zu deren gewaltsamen Verschärfung, sondern eher zu Verhandlungen mit den Behörden über ihre Zukunft: über Entschädigungen und Wohn-Alternativen. Doch massiver Beschuss ihrer Häuschen, lässt sie auf ihre alten Positionen zurückkehren und damit die Hoffnung auf eine einigermaßen geordnete Räumung der Siedlungen verpuffen. Unvorsichtige oder schlicht unvernünftige israelische Soldaten, kampfgewillte und unkontrollierte palästinensische Aktivisten, die Extremisten auf beiden Seiten können das Pulverfass jederzeit zum Explodieren bringen: Der Frieden im Heiligen Land ist immer noch meilenweit entfernt, selbst die bisherige kurze Ruhe ist aufs Höchste gefährdet.
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