Generalinventur: Kommunen gehen auf Schatzsuche
Hamburg (ots)
Wer sucht, der findet. Nach einer Generalinventur weiß Dortmunds Stadtkämmerei endlich, was sich wirklich im Staatssäckel befindet. Eine bunte Mischung: 3.650 Grundstücke, 68 Fußballfelder, 104 Kilometer Feuerwehrschlauch, etwa 2,3 Millionen Bäume und 55 Tonnen Spielzeug aus Kindergärten. Der Anlass für die Inventur: Die Kommunen trennen sich von der traditionellen Buchhaltung der Kämmerer und führen die moderne doppelte Buchhaltung ein. Was langweilig klingt, fördert viel Kurioses und Vergessenes zu Tage, so die Erfahrung der Mummert + Partner Unternehmensberatung.
Das Buchführungssystem der öffentlichen Hand aus den Zeiten Karls des Großen, die Kameralistik, steht vor dem Aus. Zukünftig werden nicht mehr nur die Einnahmen mit den Ausgaben verrechnet. Die neue, so genannte doppische Buchführung erfasst alle Besitztümer der Städte. Bislang wussten die Bürgermeister nicht, über welche Werte sie überhaupt verfügen. Das soll sich ändern: Die Städte und Gemeinden wollen zukünftig wie Konzerne arbeiten, um finanzielle Risiken kontrollierbar zu machen. In einem Modellprojekt des Landes Nordrhein-Westfalen haben sich sieben Kommunen, darunter auch Düsseldorf und Münster, mit dem Neuen Kommunalen Finanzmanagement die betriebswirtschaftlichen Grundlagen hierfür geschaffen. Nach einer Erprobungsphase sollen die Regeln ab 2004 für alle Kommunen in einem neuen Haushaltsrecht verbindlich vorgeschrieben werden. Das Nebeneinander von Kameralistik und doppelter Buchhaltung hat dann ein Ende. Schon heute führen Kommunen mehr als 10.000 Krankenhäuser oder Museen wie Betriebe, beispielsweise als GmbH. Hier ist die doppelte Buchführung Pflicht.
Das Problem: Mit dem derzeitigen System wird der Wertverfall öffentlicher Güter nicht erfasst, weil der laufende Aufwand nicht abgeschrieben wird. Eine unrealistische Rechnung, denn der Straßenbau beispielsweise kostet nicht nur einmal Geld. Das neue System sorgt durch Mittelfristplanungen und Rückstellungen für mehr Haushaltsstabilität und liefert wichtige Informationen für finanzielle Entscheidungen. Neu für die öffentliche Verwaltung ist auch die vorgeschriebene jährliche Inventur. Die Folge: Stadtkämmerer stoßen auf längst vergessene Grundstücke oder Gegenstände. So entdeckte die Stadt Münster einen Tresor mit unbekanntem Inhalt, zu dem es keinen Schlüssel gibt. Unabhängig davon wurden Beamte der am Modellprojekt teilnehmenden Stadt Brühl fündig: Sie stießen auf einen Tresorschlüssel und suchen nun den dazugehörigen Tresor.
Neben der Inventur steht die Wertmessung der öffentlichen Güter auf dem Programm. Hier wird es kompliziert: Wie lässt sich "Inventar" wie beispielsweise ein Hamster im Zoo bemessen? Alle Anschaffungen der Kommunen, die weniger als 410 Euro kosten, gelten als geringwertiges Wirtschaftsgut und werden im Kaufjahr abgeschrieben. Kostet der Hamster mehr, erscheint er mit seinem Zeitwert in der Eröffnungsbilanz und wird über seine "Nutzungsdauer" abgeschrieben. Bei einem konstanten Ankauf von Hamstern über mehrere Jahre wird ein Festwert angesetzt. Bereits im Zoo geborenen Tieren kann man allerdings keine Herstellungskosten anlasten.
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