Berliner Morgenpost: Ein Trümmer-Gipfel, der Hoffnung macht
Berlin (ots)
Sie tagten in einer Ruinenlandschaft, nächtigten in Kasernen - und machten den Trümmergipfel zu mehr als dem sonst üblichen unverbindlichen Palaver. Erst die Staats- und Regierungschefs der acht führenden Industrieländer, dann die dazu gebetenen Staatsmänner aus den wichtigsten Schwellenländern Indien und China und schließlich auch noch die geladenen Vertreter afrikanischer Staaten haben diesen G-8-Gipfel von L'Aquila zu einer realeren Einschätzung der Probleme dieser Welt genutzt als bei vergleichbaren früheren Treffen. Zu groß mittlerweile die Gefahren durch Finanzkrise, Klimawandel, Hungersnot und wachsende Bevölkerung, als dass die versammelte Gipfelrunde in ihren unterschiedlichen Zusammensetzungen sich wortreich, aber ergebnislos hätte verabschieden können. Denn mittlerweile ist allen bewusst, dass keine Region die Probleme wird allein lösen können, dass die Bedrohung von Frieden und Wohlfahrt zunehmend eine globale ist, Verantwortung deshalb auf mehr als eine Schulter, nämlich auf die der alten Industriestaaten, verteilt werden muss. Natürlich hätte man sich - wie immer - noch mehr wünschen können. Aber es ist zweifellos ein Fortschritt, wenn sich nach zähem Ringen auch das bislang so hinhaltende Amerika sowie China und Indien dem Ziel verpflichtet haben, einen Anstieg der weltweiten Durchschnittstemperatur um mehr als zwei Grad zu verhindern. Nicht aus höherer Einsicht, wohl aber in der wachsenden Sorge vor den Veränderungen der Natur und damit den Lebensgrundlagen auch im eigenen Land. Der neue globale Hoffnungsträger Barack Obama hat in diesem in L'Aquila begonnenen Umdenkungsprozess eine wichtige anstiftende Rolle gespielt. Wie tief der wirklich schon reicht, wird die Weltklimakonferenz Ende des Jahres in Kopenhagen zeigen. Dass die reichen Staaten des Nordens den ärmsten vor allem in Afrika noch ein bisschen mehr als bislang schon versprochen helfen wollen, passt in das neue Verständnis von globaler Sicht. Während die Bevölkerung in Europa in den kommenden Jahrzehnten schrumpfen wird, steht Afrika eine explosionsartige Wachstumsrate bevor. Derzeit leben dort rund eine Milliarde Menschen, bis 2050 sollen es zwei Milliarden sein. Bessert sich die wirtschaftliche Lage auf dem afrikanischen Kontinent nicht, wird das fatale Folgen insbesondere für Europa haben. Auch aus eigenem Interesse also helfen die westlichen Industriestaaten den Afrikanern. Aber sie erwarten von ihnen auch zu Recht, dass sie mehr Mitverantwortung für den schwarzen Kontinent übernehmen; Korruption und Mangel an effizienter Verwaltung müssten endlich beseitigt werden. Das konnte keiner überzeugender fordern als ein schwarzer US-Präsident Obama. Eine Einsicht aller Gipfelstürmer ist bereits unumkehrbar: Die kleine, feine selbst ernannte G-8-Runde hat ausgetagt. Die globalen Probleme unserer Zeit machen die Einbindung der wichtigsten Staats- und Regierungschefs aller fünf Kontinente nötig.
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