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Berliner Morgenpost: Deutschlands Steuersünder schlafen nun schlechter (Kommentar)

Berlin (ots)

Steuersünder im Maxi- Format sind um den Schlaf
gebracht. Noch bevor Bundesregierung und Landesregierungen überhaupt 
beschlossen haben, ob sie sich auf den Millionen-Deal mit den 
gestohlenen Bankdaten einlassen, flattern Selbstanzeigen en masse bei
den Finanzämtern ein. Nicht von reuigen, sondern von verängstigten 
Steuersündern. Schon vor Ankauf und Auswertung der gestohlenen CD 
zeigt diese Wirkung. Das große Ausmaß von "mea culpa", also von 
frühzeitigen Schuldeingeständnissen, überrascht allerdings. Allein im
angeblich so armen Berlin haben sich bislang schnell mal 36 
Steuerbetrüger gemeldet, um einer drohenden Strafe zu entkommen. Da 
es sich kaum um kleine Sünderlein handelt, darf sich Finanzsenator 
Ulrich Nußbaum über den unverhofften Steuerzufluss zu Recht freuen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Finanzminister Wolfgang 
Schäuble scheinen - gegen halbherzigen Widerstand der FDP - nach 
gründlicher Prüfung entschlossen, die CD als quasi "Hehlerware" zu 
kaufen. Vor allem Schäuble, der als früherer Innenminister 
schließlich zugleich Verfassungsminister war, hat hoffentlich sehr 
genau bedacht, welche bedenklichen Folgerungen das haben kann. Wer 
gestohlene Daten kauft, animiert nicht nur Nachahmer. Der nimmt 
Verletzungen des Rechtsstaatsprinzips zumindest billigend in Kauf und
fördert das Denunziantentum. Mit demokratischen 
Selbstverständlichkeiten hat das wenig zu tun.
Nicht minder bedenklich, ja verwerflich ist es allerdings, den Staat 
und dessen treue wie pflichtbewusste Bürger schamlos zu hintergehen. 
Nichts anderes ist Steuerhinterziehung in großem Stil. Und um die 
handelt es sich aller Erfahrung nach bei den in der Schweiz und 
anderen einschlägigen Fluchtorten gebunkerten Beträgen.
So zweifelhaft bei allen rechtlichen, demokratischen wie moralischen 
Bedenken der Zugriff des Staates auf die kriminell erworbene 
Sünderkartei ist - letztlich bleibt er doch vertretbar. Würde der 
Staat nicht reagieren, käme das einem Freibrief für Steuerbetrug für 
Wohlbetuchte gleich. Nach dem Motto: Wer skrupellos genug ist, 
transferiert seine Millionen - wer ehrlich ist oder wenig hat, 
rechnet auf Heller und Pfennig beim Finanzamt ab. Das würde nicht nur
die Steuermoral in Deutschland noch tiefer in den Keller treiben, es 
würde vor allem das Gerechtigkeitsgefühl und damit den 
gesellschaftlichen Zusammenhalt im Lande aufs Spiel setzen.
 Aber vielleicht erübrigt sich der umstrittene Kauf der CD sogar 
noch. Wenn nämlich die Furcht der Steuersünder weiter wächst,
also immer mehr Selbstanzeigen in den Finanzämtern landen und
wenn es Schäuble gelingt, mit der Schweiz das 
Doppelbesteuerungsabkommen auszuhandeln. Eine solche Vereinbarung 
würde Steuerbetrug erheblich erschweren.
Noch etwas wäre denkbar, ja wünschenswert: ein höchstrichterliches 
Urteil, ob der Staat illegal erworbene Daten wie die von 
Steuerhinterziehern kaufen darf. Doch noch haben alle Ertappten 
lieber gezahlt als vor Gericht zu klagen.

Pressekontakt:

Berliner Morgenpost

Telefon: 030/2591-73650
bmcvd@axelspringer.de

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