Westdeutsche Allgemeine Zeitung
WAZ: Islamisten planten Anschlag: Der Terror wohnt in Deutschland - Leitartikel von Angela Gareis
Essen (ots)
Zeitungen haben am Mittwoch an Hanns Martin Schleyer erinnert, den die RAF vor 30 Jahren entführt und nach wochenlanger Geiselhaft erschossen hat. Während man morgens noch über den Deutschen Herbst, den Terror der Vergangenheit, liest, formt die Gegenwart die Schlagzeilen über den Terror der Zukunft.
Sicherheitsbehörden haben verheerende Anschläge verhindern können. Das ist eine erleichternde Nachricht vor einem beunruhigenden Hintergrund: Der islamistische Terrorismus wohnt in Deutschland, er ist gekennzeichnet von hoher Professionalität, äußerstem Willen und deutschen Gesichtern. Fritz G. und Daniel S. wollten gemeinsam mit dem Türken Adem Y. töten - notfalls um den Preis des eigenen Lebens.
Deutsche Selbstmordattentäter waren bis gestern eine entlegene Vorstellung. Man hat sich damit abfinden müssen, dass die Republik islamistische Irre unterschiedlicher Provenienz beherbergt, und dass der Terrorwahn, der auf die Vernichtung freier Gesellschaften zielt, auch in die Köpfe von Menschen dringt, denen eine freie Gesellschaft ein freies Leben geschenkt hat.
Die Tatsache aber, dass deutsche Selbstmordattentäter in ihrer Heimat morden wollten, produziert besondere Ängste und verlangt größtmögliche Besonnenheit. Die Debatte über die Durchsuchung von Computern und weitere Verschärfungen von Gesetzen schwillt wieder an. Innenminister Wolfgang Schäuble hält sich zwar wohltuend zurück, doch die Befürworter der Online-Durchsuchungen in der Union und die Gegner in allen anderen Parteien streiten laut durcheinander, weil sie ihre Positionen gestärkt oder geschwächt sehen.
Wenn es aber um die Sicherheit der Menschen im Land geht, verbietet sich jegliche Profilierungssucht der Parteien, denn das Sicherheitsgefühl gründet maßgeblich im Vertrauen in das Verantwortungsbewusstsein der politischen Klasse. Die staatspolitische Verantwortung, die in der Großen Koalition schon aus geringeren Anlässen bemüht worden ist, muss hier wirklich getragen werden.
Neben einer sachlichen Auseinandersetzung über die Überwachung in rechtsstaatlichen Grenzen erfordert die Bedrohung eines jeden einzelnen Bürgers die intelligente Diskussion über gesamtgesellschaftliche Herausforderungen, zu denen die Integration von Ausländern und Deutschen am Rande der Gesellschaft ebenso zählt wie der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan, wo der Terror trainiert wird.
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