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WAZ: Machtwechsel in Bayern: Stoiber hinterlässt zwiespältiges Erbe - Leitartikel von Ulf Meinke
Essen (ots)
Am Ende wurde der Abschied lang. Neun Monate zelebrierte Edmund Stoiber seinen Abgang. Nun verlässt er die große Bühne - nach 14 Jahren als bayerischer Ministerpräsident, nach acht Jahren als Parteichef. Für die CSU endet damit eine Ära. Viele Parteifreunde Stoibers haben diesen Tag herbeigesehnt. Weder die Glückwünsche zu seinem 66. Geburtstag noch der wohlwollende Applaus während seiner Abschiedstournee konnten über eine gewisse Entfremdung zwischen Ministerpräsident und Partei hinwegtäuschen.
Edmund Stoiber ist auch ein Beispiel dafür, wie schwer Spitzenpolitikern das Loslassen fällt. Geblendet vom eigenen Glanz hat der Ministerpräsident den Überdruss seiner Partei übersehen. Bis zuletzt hat er nicht verstanden, warum ihn seine Parteifreunde vom Hof jagten. Zweidrittelmehrheit im Münchener Maximilianeum, imposante Wachstumszahlen, mehr Arbeitsplätze, weniger Schulden als andere Bundesländer. Für seine Nachfolger ist Stoibers Erbe ebenso beeindruckend wie bedrückend.
Doch Stoiber ist auch ein Politiker der ungenutzten Möglichkeiten. Er ist der Beinahe-Kanzler, Nahezu-Bundespräsident und Fast-EU-Kommissionschef. Dass er das auf ihn zugeschnittene Amt als Superminister im Kabinett von Angela Merkel nicht annahm und die Flucht zurück nach München antrat, war der Anfang vom Ende seiner Karriere. Der alte Löwe zeigte Schwäche und wurde selbst zum Gejagten.
Nun gibt es in der CSU eine weit verbreitete Sehnsucht nach Normalität. Die Partei hat das bizarrste Dreivierteljahr ihrer Geschichte hinter sich und muss sich neu sortieren. Die Liebesaffäre vom Möchtegern-Stoiber-Nachfolger Horst Seehofer und die Latexhandschuhe der Parteirebellin Gabriele Pauli werden irgendwann vergessen sein. Doch die Frage bleibt, ob die Christsozialen mit dem neuen Personal die absoluten Mehrheiten der vergangenen Jahre verteidigen können. Auf ihrer absoluten Mehrheit in Bayern basiert schließlich der Einfluss der CSU auf Bundesebene. Rutscht die Partei im Freistaat unter 50 Prozent, schrumpft sie zur Regionalpartei.
Stoiber hinterlässt ein zwiespältiges Erbe. Neben einer beachtlichen Leistungsbilanz der Landesregierung tut sich ein personelles Vakuum innerhalb der CSU auf. Mit dem Abschied des Regenten bleibt der Generationswechsel aus, was auch Rückschlüsse auf den selbstbezogenen Regierungsstil des scheidenden Ministerpräsidenten zulässt. Nur vordergründig übergibt Stoiber seinen Nachfolgern "a gmahte Wiesn".
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