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WAZ: Vorwahlkampf in den USA - Hillary Clinton wird zur tragischen Figur - Leitartikel von Markus Günther

Essen (ots)

Am Ende des amerikanischen Vorwahlkampfes ist
Hillary Clinton eine tragische Figur. Man kann ihre Bitterkeit 
verstehen: Sie hätte unter allen normalen Umständen und gegen jeden 
anderen Konkurrenten die Kandidatur ihrer Partei gewonnen und wäre 
jetzt auf dem besten Wege gewesen, die erste Präsidentin der 
Vereinigten Staaten zu werden. Nie zuvor hat ein Kandidat im 
Vorwahlkampf so viele Stimmen bekommen wie sie: fast 18 Millionen. 
Das allein zeigt, wie stark und erfolgreich sie war. Nur gegen das 
politische Epochen-Phänomen Barack Obama, der eine machtvolle, junge 
Bewegung in Gang gesetzt hat, konnte Hillary Clinton nicht gewinnen.
Es ist ihr nicht leicht gefallen, den Kampf um die 
Präsidentschafts-Kandidatur aufzugeben. In der vergangenen Woche 
wollte sie noch weiterkämpfen, als es längst aussichtslos geworden 
war. Jetzt, mit ein paar Tagen Verzögerung (und unter erheblichem 
Druck von Parteifreunden und Finanziers) hat sie es doch getan. Und 
wie von ihr nicht anders zu erwarten war, hat sie auch das bravourös 
gemacht, mit tadelloser Rhetorik, mit Leidenschaft, aber ohne 
Selbstmitleid.
Wieviel von diesem Versöhnungsgestus von Herzen kommt, und 
wieviel kaltes politisches Kalkül ist - darüber kann man nur 
spekulieren. Richtig ist, dass es für sie keine Alternative mehr gab.
Hätte sie Obama die Unterstützung verweigert und - auf welche Weise 
auch immer - versucht, den Kampf fortzusetzen, wären auch viele ihrer
treusten Anhänger von der Fahne gegangen.
Und für die vertiefte Spaltung der Partei, vielleicht auch für die 
Niederlage Obamas im November, hätte man immer sie verantwortlich 
gemacht. So aber kann sie nun für sich in Anspruch nehmen, alles für 
die Partei gegeben zu haben. Das kann ihr in Zukunft noch nützen.
Bleibt die Frage: Wird Hillary Clinton nun 
Vizepräsidenten-Kandidatin? Schon seit Monaten gibt es dazu 
Falschmeldungen aller Art. Mal hieß es, sie habe ihre Zusammenarbeit 
angeboten - was Nonsens ist, da die Verliererin nichts anzubieten 
hat. Mal hieß es, sie wolle gar nicht Vizepräsidentin werden - was 
sie so nie gesagt hat.
Richtig ist: Die Frage ist offen, und nur Barack Obama kann sie 
beantworten. Er wird sich bewusst sein, dass Clinton ein großes 
Wählerpotenzial mitbringen würde; und er wird wissen, dass er sich 
eine ehrgeizige Frau zur Seite stellt, die nach wie vor Präsidentin 
werden will. So gesehen, spricht mindestens soviel gegen Hillary 
Clinton als Vizepräsidentin wie für sie sprechen mag.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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