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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur SPD und der Linken

Bielefeld (ots)

Bis zum 5. April sind es noch einige Wochen, da
kann noch viel Wasser den Main herunterfließen. Gestern hat die 
SPD-Spitze der hessischen SPD freie Hand bei der 
Ministerpräsidentenwahl gegeben. Nach diesem Wortbruch, nach dieser 
Wählertäuschung ist die nächste Überraschung auch nicht mehr 
ausgeschlossen: Niemand sollte sich wundern, wenn am Ende Andrea 
Ypsilanti in Wiesbaden einer rot-rot-grünen Landesregierung vorstehen
wird.
Am Sonntag hatte sich der SPD-Vorsitzende Kurt Beck entschuldigt, 
einen schweren Fehler gemacht und Irritationen ausgelöst zu haben. 
Gestern war er verschnupft, wegen einer Grippe. Doch er musste einem 
vermeintlichen Donnerwetter seiner Vorstandskollegen gar nicht 
entgehen.
 Irritiert hat seine Spitzengenossen allein die Bekanntgabe des 
Sinneswandels wenige Tage vor der Hamburg-Wahl. Denn die Partei ist 
vom Links-Virus bereits weitaus stärker befallen, als man bisher 
vermuten konnte.
Niemand sollte glauben, Becks Linksschwenk sei nur ein 
vorübergehender Flirt mit der Linken, um nach vielen Misserfolgen 
wieder einmal eine Regierung stellen zu können. Das mag auch eine 
Rolle bei Becks taktischen Winkelzügen gespielt haben.
Doch die Richtung für die Sozialdemokraten hat er schon auf dem 
Hamburger Parteitag vor einigen Monaten vorgegeben, als er mit seinem
demokratischen Sozialismus nach dem linken Rand schielte und die 
Delegierten ihm überraschend deutlich folgten. Sieht man einmal von 
dem Wortbruch ab, der nicht unbedingt dazu beiträgt, das Vertrauen 
der Wähler in die Politik zu stärken - sie fühlen sich zu Recht an 
der Nase herumgeführt - für die SPD geht es jetzt um viel mehr, es 
geht schlicht um die SPD als glaubwürdige Volkspartei.
Bisher waren die sozialdemokratischen Kanzler und Parteivorsitzenden 
immer der Auffassung, Wahlen würden in der Mitte gewonnen. Seit Beck 
gilt dies nicht mehr. Seit gestern ist zudem auch klar, dass der 
nächste Kanzlerkandidat der Sozialdemokraten aus Rheinland-Pfalz 
kommen wird.
Doch zuvor stehen der Partei noch Richtungskämpfe bevor, bei dem der 
eine und andere Federn lassen wird. Zur Linkspartei werden der SPD 
wohl keine Mitglieder mehr in Scharen davonlaufen. Doch es sind in 
der Partei ja auch noch die Modernisierer, die mit dem Namen des 
früheren Kanzlers Gerhard Schröder verbunden sind. Die künftige SPD 
muss nicht mehr unbedingt ihre politische Heimat sein.
Eine neue Zerreißprobe in der SPD ist unausweichlich. Diese wird 
Auswirkungen auf die große Koalition in Berlin haben. Doch werden 
auch die neuen Risse die Koalitionsbande nicht vor 2009 platzen 
lassen. Die spannende Frage wird sein, ob danach auf Bundesebene 
überhaupt noch Koalitionen zwischen Union und SPD möglich sein 
werden.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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