All Stories
Follow
Subscribe to Westdeutsche Allgemeine Zeitung

Westdeutsche Allgemeine Zeitung

WAZ: Klinsmann, Klitschko und der Rummel. Leitartikel von Hans-Josef Justen

Essen (ots)

Jede Menge Trainingsspielchen. Natürlich nicht
außergewöhnlich um diese Jahreszeit, im Vorstadium der neuen 
Bundesliga-Saison. Sie tüfteln, sie testen, sie überprüfen die 
Leistungsfähigkeit ihrer Stars, sie loten aus, was demnächst 
sportlich machbar sein könnte, und reisen deshalb auch über die 
Dörfer. Das ist bei Schalke 04 und Borussia Dortmund, beim VfL 
Bochum, der Gladbacher Borussia und dem 1. FC Köln normalerweise 
nicht anders als beim Hamburger Sportverein, dem VfB Stuttgart oder 
dem FC Bayern München: Hinfahren, gewinnen, Kurznotizen für den 
Ergebnisteil der Zeitungen hinterlassen.
Doch Sonntag offenbarte sich ein Unterschied zwischen dem Rest 
der Liga und dem Rekordmeister, der beim SV 08 Lippstadt Hof hielt 
und eine Hundertschaft an schreibenden, fotografierenden 
Berichterstattern sowie 8000 Fans auf die Beine brachte, obwohl 
lediglich eine Bayern-B-Mannschaft in der westfälischen Provinz 
antrat, bei einem Amateurklub aus der sechsten Klasse. Auslöser für 
diesen Rummel war jedoch nicht das laufende Personal, sondern der 
lehrende Chef, der neue Trainer Jürgen Klinsmann. Allein auf ihn 
fokussierte sich das öffentliche Interesse, allein seinetwegen haben 
die regionalen Fernsehanstalten Bayern drei und WDR über zwei Stunden
bester Sendezeit zur Verfügung gestellt. Ohne ihn wäre es ein 
Testspiel von untergeordneter Bedeutung gewesen, aber mit ihm wurde 
es ein Happening von gleichsam herausragendem Rang.
Der Vorgang könnte als lächerlich abgetan werden, als Indiz für 
die Hysterie der Medien-Macher. Doch tatsächlich spiegelt er offenbar
den Zeitgeschmack der so genannten Fans, die nach Namen, nach Idolen 
(auch durchaus fragwürdigen), nach Sensationen gieren. Deshalb rennen
sie zu Klinsmann, obwohl der als Vereinstrainer noch kein einziges 
Pflichtspiel gewonnen hat und lediglich von jenem Bonus zehrt, den er
sich als eigenwillig-extravaganter Teamchef der Nationalmannschaft 
erwarb. Und deshalb umzingeln sie auch den Ring, wenn einer der 
beiden Klitschkos zum Boxen auf die Matte stiefelt.
Als Wladimir Klitschko jetzt in Hamburg gegen Tony Thompson den 
Titel verteidigte, ist die mehr oder minder berühmte Garde deutscher 
Film- und Fernseh-Stars aufmarschiert. Von Veronica Ferres, die 
offenbar nichts mehr auslässt, bis hin zu Uschi Glas und Ralf Möller,
dem Hollywood-Hünen aus Recklinghausen. Kann sein, dass sie auch den 
Kampf sehen wollten. Doch vermutlich wollten vor allem sie gesehen 
werden.

Pressekontakt:

Westdeutsche Allgemeine Zeitung
Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

Original content of: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, transmitted by news aktuell

More stories: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
More stories: Westdeutsche Allgemeine Zeitung
  • 13.07.2008 – 19:41

    WAZ: Clement, der Störer. Kommentar von Norbert Robers

    Essen (ots) - Es ist schlicht unvorstellbar, dass die SPD den ehemaligen NRW-Ministerpräsidenten Wolfgang Clement wegen dessen kritischen Äußerungen über die hessische Parteikollegin Andrea Ypsilanti aus der Partei ausschließt. Mit seiner Warnung vor einer Wahl der linksorientierten Ypsilanti, noch dazu eine Woche vor dem Urnengang, hat Clement zwar eindeutig gegen den gerade für die SPD so wichtigen ...

  • 13.07.2008 – 19:40

    WAZ: Gründung der Mittelmeerunion - Historisch. Kommentar von Gerd Höhler

    Essen (ots) - Frankreichs Diplomaten haben mit der Gründung der 43 Staaten umfassenden Mittelmeer-Union ein Kunststück fertiggebracht. Mit Ausnahme des libyschen Staatspräsidenten Gaddafi sämtliche Chefs der arabischen Welt an einen gemeinsamen Tisch mit dem israelischen Premier zu platzieren - das hat in der Tat historischen Charakter. Dass nun über Nacht ...

  • 13.07.2008 – 19:38

    WAZ: Energie-Politik - Atom-Wahlkampf, ja bitte. Leitartikel von Thomas Wels

    Essen (ots) - Es scheint so, als bekäme das Wahlvolk bei der Bundestagswahl doch mehr geboten als groß-koalitionären Einheitsbrei: SPD und Union rüsten das Thema Atomenergie auf zum Wahlkampfschlager. Und das ist gut so. Die Energie und deren Preisentwicklung bewegt die Bürger wie kaum ein zweites Thema, und wenn man den jüngsten Umfragen glaubt, dann ist gut ...