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WAZ: Krieg im Kaukasus - Die Schuld tragen viele. Leitartikel von Florian Hassel

Essen (ots)

Überraschend am neuen Konflikt ist nur der Standort.
Die meisten Indizien und Warnungen von Experten deuteten in den 
vergangenen Monaten darauf hin, dass ein Krieg um die nominell zu 
Georgien gehörende, doch von Russland kontrollierte Schwarzmeerregion
Abchasien entbrennen würde. Stattdessen ist nun das Pulverfass 
Südossetien als erstes in die Luft geflogen: eine arme, von höchstens
70 000 Menschen bewohnte Region, die Moskau ebenfalls seit Jahren 
dominierte und als Faustpfand gegenüber der nach Westen strebenden 
Ex-Sowjetrepublik Georgien nutzte.
Die angesehene International Crisis Group warnte erst im Juni, 
Falken rund um Georgiens impulsiven Präsidenten Michail Saakaschwili 
drängten auf schnelle Kriege zur Rückeroberung Südossetiens und 
Abchasiens. Unabhängige ausländische Militärs sagten der WAZ, sie 
fürchteten einen georgischen Angriff noch in diesem Jahr - bevor der 
Georgien-Freund George W. Bush das Weiße Haus verlässt, 
möglicherweise während der Olympischen Spiele, wenn die 
internationale Aufmerksamkeit abgelenkt ist.
Offenbar waren diese Warnungen berechtigt. Zwar fehlen bisher 
handfeste Beweise und Berichte unabhängiger Beobachter etwa der OSZE.
Doch die Indizien deuten darauf, dass Georgien bewusst einen lang 
geplanten Krieg zur Rückeroberung des ersten von zwei 
separatistischen Gebieten entfesselt hat. Dabei hat sich Saakaschwili
offenbar für die vermeintlich leichtere Variante entschieden. Die 
Südosseten haben offiziell nur 2000 Mann unter Waffen.
Wenn Michail Saakaschwili seine Ankündigung wahr macht und 
tatsächlich zehntausende georgische Reservisten mobilisiert, steht 
der Kaukasus am Anfang eines neuen, blutigen Krieges. In dem werden 
alle verlieren. International wird der Konflikt die Atmosphäre selbst
dann vergiften, wenn er sich nicht zum langen Krieg entwickelt.
Daran tragen alle Beteiligten die Schuld: Russland, das die 
Konflikte in Südossetien und Abchasien seit Jahren zynisch für seine 
Interessen genutzt hat. Washington, das Georgien wegen seiner 
Bedeutung als Transitland für Öl und Gas, möglicherweise auch als 
militärischen Brückenkopf für einen Angriff auf den Iran aufgebaut 
hat und das Saakaschwilis undemokratische Verstöße im Inneren und 
seine unverantwortlichen Provokationen gegenüber dem übermächtigen 
Moskau deckte. Und vor allem Michail Saakaschwili, der mehr als 
Hasardeur denn als Staatsmann regiert und die Georgier nun in ein 
potenziell desaströses militärisches Abenteuer führt.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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