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WAZ: Vor dem CDU-Parteitag - Merkel im November. Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Dieser Tage erzählte einer der Spitzenmanager aus
Rhein-Ruhr mit häufigem Zugang zum Kanzleramt, die Bundesregierung 
leiste sich inzwischen gleich zwei Umweltminister: Sigmar Gabriel und
Angela Merkel. Als Kompliment war das gewiss nicht gemeint, eher so: 
Selbst in der größten Wirtschaftskrise Nachkriegsdeutsch-lands hat 
die Regierungschefin immer noch nicht das Ziel abgehakt, 
Weltklimakanzlerin zu sein und Deutschland in die mutmaßlich teure 
Rolle des ökologisch Klassenbesten zu drängen.
Karl-Josef Laumann sei Dank, wissen wir nun auch noch, dass es in
der CDU Menschen gibt, die es so richtig daneben finden, "neoliberal"
zu sein. Entsprechend hat sich der nordrhein-westfälische 
Sozialminister gestern in der WAZ geäußert. Scherz beiseite: 
"Neoliberal" in der von Laumann gemein(s)ten Bedeutung des Wortes war
die CDU noch nie. Schon gar nicht die in Nordrhein-Westfalen. Die war
nach dem Krieg, jedenfalls so lange, wie es Kohle und Stahl noch gut 
ging, sogar Regierungspartei. Die SPD wurde als Arbeiterpartei erst 
führend, als es mit Montan bergab ging. Und ganz bestimmt werden 
nicht alle in der Union jubeln über Laumann, den noch vor seinem Chef
Jürgen Rüttgers eigentlichen Arbeiterführer, dem es auch wieder nur 
darum ging, zu verdeutlichen, dass es seine CDU-Arbeitnehmer noch 
gibt. Rüttgers weiß jedenfalls mehr als Laumann: dass Wirtschafts- 
und Arbeitnehmerfreundlichkeit zwei Seiten derselben Medaille sind.
So, und wie geht es nun Angela Merkel? Jedenfalls ging es ihr 
schon mal besser. Der renommierte "Economist", das beste 
Nachrichtenmagazin der Welt, fragte pikiert, wo "Angie" denn jetzt, 
in dieser Mega-Krise, abgeblieben sei. Und nicht nur Wirtschaftsweise
mosern, die Konjunkturspritze der Regierung sei "Sammelsurium". 
Einzelne CDU-Landesverbände verlangen Steuersenkungen sofort, nicht 
erst nach der nächsten Wahl. Falsch ist das nicht, wobei man "unten" 
ansetzen sollte (bei einem höheren Grundfreibetrag) und in der Mitte 
(bei der kalten Progression, die Lohnerhöhungen auffrisst). 
Jedenfalls sollte etwas passieren.
Angela Merkel wirkt in diesen Tagen nicht wie eine Treiberin, 
sondern wie eine Getriebene. Und viele Parteifreunde unterstellen 
ihr, nicht an einem bürgerlichen Koalitionswechsel im kommenden Jahr 
interessiert zu sein, sondern an der Fortsetzung der für sie 
vergleichsweise bequemen Großen Koalition. Es mag also sein, dass der
Parteitag der CDU in Stuttgart doch noch halbwegs spannend wird. Zu 
klären gäbe es jedenfalls genug.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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