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WAZ: Merkels Besuch in Afghanistan - Mit Symbolen ist es nicht getan - Leitartikel von Willi Germund

Essen (ots)

Vor zwei Jahren tauchte Bundeskanzlerin Angela
Merkel plötzlich in Afghanistan auf, nachdem ihr vorgeworfen worden 
war, sie wolle mit dem Konflikt am Hindukusch nichts zu tun haben. 
Nun steht der Bundestagswahlkampf bevor. Außerdem bewies US-Präsident
Barack Obama den Mut, den die Kanzlerin während der vergangenen Jahre
vermissen ließ. Er entwarf eine neue "Afpak"-Strategie und 
identifizierte seine Präsidentschaft mit dem Erfolg oder Misserfolg 
am Hindukusch. Da darf auch Merkel nicht mehr fehlen, zumal 
SPD-Konkurrent Frank-Walter Steinmeier sehr viel mehr Elan bei dem 
unpopulären Thema Afghanistan gezeigt hatte.
"Es gibt Hoffnung", sagt Merkel nach dem Besuch des Standorts 
Kunduz, bei dem sie prompt einen Hauch von dem Konflikt mitbekam, den
ihr Parteikollege, Verteidigungsminister Franz Josef Jung, nur ungern
als Krieg bezeichnet und lieber mit beschönigenden Worten beschreibt.
Doch man muss sich fragen, worauf Merkel ihre Zuversicht aufbaut. Die
Lage in Afghanistan jedenfalls gibt den Optimismus nicht her. Und 
Obamas schöner neuer Plan mit vielen zusätzlichen Soldaten und noch 
mehr ziviler Hilfe muss sich erst einmal auf dem Kriegsschauplatz 
Afghanistan bewähren.
Natürlich darf Berlin sich freuen, weil Washington den 
"vernetzten Ansatz" aus militärischem und zivilem Programm entdeckte,
den die Bundesregierung seit Jahren am Hindukusch verfolgt. Man muss 
freilich hoffen, dass diese Strategie anders umgesetzt wird als 
bisher. Denn in Kunduz führte sie in der Praxis vor allem dazu, dass 
die Bundeswehr sich selbst schützt und die zivilen Helfer sich 
irgendwie mit der prekären Sicherheitslage zurechtfinden müssen, um 
ihre Arbeit zu machen. Der "vernetzte Ansatz" verhinderte auch nicht,
dass die radikalislamischen Talibanmilizen sich wieder fest in der 
Region von Kunduz etablierten - so fest, dass sie sich sogar am 
Montag während des Merkel-Besuchs mit zwei Raketen in Erinnerung 
riefen.
Die 600 Soldaten, die Berlin in diesem Sommer zusätzlich 
entsenden will, um die Wahlen abzusichern, sind ein positiver 
Schritt. Doch ausreichend ist dieser Schritt ebenso wenig wie die 
Hoffnung, die Bundesregierung könne ihrer Mitverantwortung gerecht 
werden, wenn sie nun das Scheckbuch zückt und zusätzliche 
Aufbauarbeit mitfinanziert. Wer mit seinem Engagement dazu beitragen 
will, ein halbwegs stabiles Afghanistan aufzubauen, ein Land, das 
selbst mit seinen Problemen fertig werden kann, der muss auch den 
politischen Willen zeigen, der dazu nötig ist.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-2727
zentralredaktion@waz.de

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