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WAZ: Berlin, Brüssel, Washington: Opel sorgt für eine Weltpremiere - Leitartikel von Thomas Wels

Essen (ots)

Hätte, wäre, könnte. Ja, in der Tat: Wenn sich nicht
einige Ministerpräsidenten und Bundespolitiker mit eilfertigen 
Rettungszusagen für Opel aus dem Fenster gelehnt hätten, wäre es für 
die Kühl-Kalkulierer von General Motors nicht so einfach gewesen, die
Bundesregierung zu erpressen. Der Amerikaner nimmt, was er kriegt - 
so funktioniert Wirtschaft. Auch bei uns.
Hätte sich also Deutschland besser rausgehalten aus der ganzen 
Chose? Schließlich ist Opel keine Bank, und wenn es Opel nicht mehr 
gibt, dann freuen sich Ford und VW. So schlicht kann Ökonomie sein. 
Zumal auch richtig ist: Wenn der Staat Opel hilft, muss er anderen 
auch helfen. Und weil er nicht allen helfen kann, sind es wieder die 
Großen, die er rettet. Die Kleinen sterben leise. Alles richtig. Also
Finger raus aus der Wirtschaft? So steht's im Lehrbuch. Da steht aber
nicht alles. Die Finanzkrise, das rapide Austrocknen der weltweiten 
Finanzströme nach dem Lehman-Gau, stand da nicht.
Es stehen Investoren bereit, die meinen, Opel erhalten zu können.
Nur die Banken, die das finanzieren sollen, haben sich in den 
Schützengräben der Finanzkrise verschanzt. Selbst ein Kanzler 
Westerwelle kann sich da nicht hinstellen und sagen: Pech, so geht 
Marktwirtschaft. Eine Bürgschaft für einen Kredit ist ein 
Staatseingriff. Der sanfteste, den der Instrumentenkasten 
bereitstellt. Viel weiter geht die Bereitschaft, über Staatsbanken 
Geld zu geben. Das war das Maximum des Vertretbaren - eine Chance für
Opel auf Risiko des Steuerzahlers. Man kann durchaus sagen, das geht 
zu weit: Weil vielleicht doch nicht die Finanzkrise Schuld ist am 
Opel-Elend, sondern der strukturelle Niedergang längst im Gange war. 
Hätte, wäre, könnte.
Es ist leichter, Ökonom zu sein als Kanzler. Diese Krise sollte 
Demut vor ihrer Komplexität gelehrt haben. Einfache Antworten gibt es
nicht. Der Vorwurf trifft zu, dass die Politik im Opel zum Wahlkampf 
fährt. Die Kritik, Berlin habe unzulässig über etwas verhandelt, was 
GM gehört, aber nicht. GM gehört längst Washington und 
US-Steuerzahlern. Die brutalst marktwirtschaftliche Lösung war also 
längst ausgeschlossen. Der Ball liegt in den Ländern mit Opel-Werk, 
also auch hier, in Berlin, Washington und Brüssel - und zwar 
gleichermaßen. Falls alles gelingen sollte, wäre es jedenfalls eine 
große Premiere: der erste multi-nationale, polit-ökonomische 
Kompromiss in diesen gnadenlos globalisierten Zeiten. Und der Frieden
am Ende, der wirkt lokal, hoffentlich auch in Bochum.

Pressekontakt:

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Zentralredaktion
Telefon: 0201 / 804-6528
zentralredaktion@waz.de

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