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WAZ: Schily-Aussage zur Visa-Affäre: Unbefriedigend - Leitartikel von Hendrik Groth

Essen (ots)

Aus dem Statement des Bundesinnenministers wurde ein
Grundsatzreferat, das einem juristischen Seminar würdig gewesen wäre,
einem Parlamentsausschuss aber nicht. Der letzte Zeuge zur
Visa-Affäre spielte seine ganze Erfahrung mit
Untersuchungsausschüssen aus. Otto Schily war bereits in den 80er
Jahren im Flick-Ausschuss einer der Protagonisten. Der
Ausschussvorsitzende Hans-Peter Uhl bemühte sich, den Minister in
Schwierigkeiten zu bringen, scheiterte jedoch. Am Freitag nahm sich
Schily das ihm im Rahmen einer Zeugenbefragung zustehende Recht,
systematisch über Zuständigkeiten und Versäumnisse zu referieren. Ein
wenig selbstgerecht, für manchen arrogant, blockte Schily die
Oppositionspolitiker ab. Von seiner lähmenden Zermürbungstaktik wich
der frühere Strafverteidiger keinen Millimeter ab. Nur: Die Grenze
der Nachvollziehbarkeit von Politik wurde auf diese Art und Weise
überschritten. Juristen beharkten Juristen, für Studenten und an der
Juristerei interessierte Zuschauer mag es amüsant gewesen sein, wie
ein souverän auftretender Minister überfordert wirkende Kollegen
abkanzelte. Für die Öffentlichkeit waren die Antworten jedoch
unbefriedigend. Trotz aller guter Vorbereitung argumentierte Schily
in einem Punkt nicht schlüssig. Er schob dem Auswärtigen Amt die
alleinige Zuständigkeit bei der Visa-Vergabe zu. Gleichzeitig
kritisierte er in mehreren Fällen die fehlende Unterrichtung seines
Hauses durch das Außenministerium. Logisch ist das nicht. Politisch
bleibt festzuhalten, Anhänger der Union und FDP sehen weiterhin einen
Skandal, Sozialdemokraten und Grüne erkennen keine Gründe zur
Aufregung. Auch das ist unbefriedigend. Zumindest in einem hat dieser
Untersuchungsausschuss Geschichte geschrieben. Das Fernsehen hat auch
auf dieser parlamentarischen Ebene Einzug gehalten. Für die
Transparenz der Demokratie ist das eine gute Entwicklung.

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