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WAZ: Kommentar zu: Die Kanzlerin und die CIA-Affäre: Condi und Angie - Von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Angela Merkel war gestern in einer komfortablen
Lage: weder der Öffentlichkeit noch Condoleezza Rice musste sie
erläutern, weshalb die Regierung Schröder doppelzüngig agierte. Also
auf der grell beleuchteten Seite ihrer Irak-Politik gegen das
amerikanische „Abenteuer” wetterte, um damit Wahlen zu gewinnen,
gleichzeitig im Dunkeln den Amerikanern bei den unappetitlichen
Seiten von deren Anti-Terror-Politik hilfreich zu dienen – sogar zu
Lasten eines deutschen Staatsbürgers. Zu diesem denkwürdigen Vorgang
fangen die Betroffenen jetzt an, scheibchenweise mit der Wahrheit
heraus zu rücken.
Merkel musste den Widerspruch zwischen Schein und Sein nicht
aufklären, weil es nicht ihrer ist. Ihre transatlantische Politik
sieht anders aus. Die Kanzlerin macht eben nicht die Außenpolitik zur
Innenpolitik; sie erlaubt keine Zweifel an ihrer grundsätzlich
amerikafreundlichen Einstellung – unabhängig davon, wer in den USA
regiert. Diese Feststellung erlaubt es ihr dann aber umso mehr, die
US-Administration zu kritisieren, genau genommen für einen
Vertrauensbruch Washingtons. Eine deutsche Regierung kann per se gar
nicht anders als davon ausgehen, dass sich die Amerikaner an hiesiges
wie internationales Recht halten, sobald sie sich auf deutschem Boden
bewegen. Tun sie es nicht, verraten sie nicht nur ihre eigenen
Freiheits-Werte, sondern düpieren zugleich ihre Freunde. So entsteht
doppelter Schaden.
Die US-Regierung bewegt sich in einer rechtlichen Grauzone. Nach
allem, was man weiß oder doch indiziengestützt ahnen kann, umgeht
Washington das Folterverbot. Bush und Co. laufen deshalb in den
Vorwurf, ausgerechnet jenen ähnlicher zu werden, die sie um
anscheinend jeden Preis bekämpfen wollen. So etwas kostet Kredit – in
den offenen Gesellschaften Amerikas und Europas ohnehin, aber eben
auch in den mehr oder weniger diktatorischen Regimen, die mal
Terroristen helfen, mal den Amerikanern, abhängig davon, von wem sie
sich gerade mehr Unterstützung bei der Bewahrung ihrer illegitimen
Herrschaft erhoffen. Auf diese Weise schadet Washington dem selbst
ausgerufenen Ziel, in diese Region das eigene Demokratie-Modell
exportieren, Menschen Freiheit bringen zu wollen.
Amerikaner wie auch ihre Verbündeten müssten es inzwischen doch
wissen: wer im weißen Anzug in einen Sumpf steigt, kommt nur
schmutzig wieder heraus.

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