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WAZ: Kommentar zu: Die Krise der EU: Von Befreiung keine Spur - Von Tobias Blasius
Essen (ots)
Der EU-Finanzgipfel ist zum Testfall für die europäische Einigungsfähigkeit ausgerufen worden. Nur wenn die Staats- und Regierungschefs es an diesem Donnerstag und Freitag schafften, all die widersprüchlichen Etatwünsche zu einem Haushaltsrahmen für die Jahre 2007 bis 2013 zusammenzuzwingen, sei dem Gemeinschaftsprojekt Genüge getan. Fast scheint es egal zu sein, wofür Brüssel künftig die Milliarden ausgibt, wenn nur die gegenseitige Blockade überwunden werden könnte. Trotz aller Beteuerungen, man strebe keine Einigung um jeden Preis an, scheint die tastende Suche nach dem faulen Kompromiss das Bewegungsgesetz der EU zu sein.
Dabei sollte nach den gescheiterten Volksabstimmungen über die EU- Verfassung alles anders werden. Das schrille Nein der Bürger in den Gründungsstaaten Frankreich und den Niederlanden wurde zunächst als das bewertet, was es neben dem innenpolitischen Frustventil eben auch war: die Absage an eine EU, die in den Augen vieler Menschen für alles Mögliche zuständig zu sein scheint, nur nicht für ihre Kernsorgen um Arbeitsplatz und soziale Sicherheit.
Gerade deshalb stieß der britische Premier Tony Blair bei vielen auf offene Ohren, als er im Sommer vorgab, die EU auf einen Modernisierungskurs zu trimmen. Als EU-Ratspräsident wollte er dem Brüsseler Harmoniebetrieb auf unkonventionelle Weise beibiegen, wie sich die Staatenunion besser für die Herausforderungen der Globalisierung wappnet. Die Neuordnung des EU-Haushalts sollte zum Signal für den Aufbruch werden.
Von den vollmundigen Ankündigungen ist kaum etwas geblieben. Wenn nicht alles täuscht, wird die Möchtegern-Weltmacht Europa auch künftig rund 80 Prozent ihres Budgets für Agrarhilfen und Strukturmittel ausgeben. Milchkühe, Weizen und Straßenbau lautet etwas zugespitzt das rückwärtsgewandte Zukunftsprogramm der EU. Jede Regierung verteidigt liebgewonnene Subventionen auf Kosten wichtiger Ausgaben für Innovationen und Wettbewerbsfähigkeit. Und Reformer Tony Blair konzentrierte in den vergangenen Monaten seine ganze diplomatische Kraft darauf, den überkommenen EU-Beitragsrabatt der Briten zu retten. Vom versprochenen Befreiungsschlag keine Spur. Die große Chance, die in der Haushaltskrise der Europäischen Union lag, scheint vertan.
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