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WAZ: Soviel Kultur, soviel Aufbruch - Kommentar von Gudrun Norbisrath

Essen (ots)

Das ist ein guter Tag für das Ruhrgebiet: Das
armselige Gezerre um die Finanzierung des Museum Folkwang hat ein 
Ende, dank großherzigen Sponsorings. Gleichzeitig beginnt mit der 
Eröffnung der Entry auf Zollverein ein neues, faszinierendes Kapitel 
der Nutzung für das Weltkulturerbe.
Der Umbau der ehemaligen Kohlenwäsche war und bleibt umstritten; 
immer wieder wurde der Denkmalschutz bemüht, um die Fragwürdigkeit 
des Unternehmens zu unterstreichen. Da schwang gelegentlich auch 
Misstrauen mit, ob das Ruhrgebiet sein Weltkulturerbe verbraten 
würde. Doch der Denkmalschutz hatte zum Schluss offenkundig keine 
Einwände mehr, und das Ergebnis der Sanierung ist fantastisch. 
Natürlich hat das Nachbauen "als ob" immer auch den 
Disneyland-Effekt; echt ist das eben leider nur teilweise. Doch die 
Alternative wäre Abreißen gewesen. Und übrigens: Die Dresdner 
Frauenkirche wäre mit diesem Argument ein Steinhaufen geblieben.
Die Eröffnung der Kohlenwäsche ist ein Aufbruch. Die 
Designausstellung wird kaum das ganz große Publikum erreichen, sie 
verlangt theoretische Auseinandersetzung und ein hohes 
Abstraktionsvermögen. Doch wenn 2007 das Ruhrmuseum einzieht, wird 
ein Raum von unerhörter Attraktivität entstehen. Er wird die 
Vergangenheit des Ruhrgebiets auf doppelte Weise spiegeln; die 
erschütternd eindrucksvollen Maschinenteile werden selbst zu 
Exponaten.
Das Beste an diesem Konzept aber ist, dass es sich nicht an eine 
Elite wendet, sondern zuerst an diejenigen, die in Räumen wie diesen 
gearbeitet haben. Hier kann Verständnis wachsen: dass Kunst die Kraft
hat zu bewegen, und dass durch sie diese Räume lebendige Orte der 
Erinnerung werden.
Ein gut besuchter Ort Zollverein könnte auch der Einsicht 
nachhelfen, dass Kunst ein Motor ist, der die Region voran bringt. 
Der das Image verbessert und auf dem kleinen Umweg über den Tourismus
sogar Geld heranschafft. Das ist nicht selbstverständlich, 
traditionell bringt Kultur kein Geld; sie braucht welches. Deshalb 
ist die Kultur so dringend auf Sponsoren angewiesen; die öffentliche 
Hand muss und soll auch viel Anderes fördern.
Im Ruhrgebiet hat sie überraschend schnell begonnen, diese 
Einsicht; hier hat die Kultur heute einen Rang wie niemals zuvor. Es 
ist der erste erfreuliche Effekt des Titels Kulturhauptstadt 2010. 
Weitere werden folgen. Doch schon heute gilt: Ein guter Tag für die 
Kultur ist ein guter Tag für das Ruhrgebiet. Weil Kultur für alle 
ist.

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Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de

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