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WAZ: Die Öffentlichkeit hat längst geurteilt - Kommentar von Ulf Meinke

Essen (ots)

Ganz gleich, welches Urteil die Richter im
Mannesmann-Prozess sprechen. Das spektakulärste 
Wirtschaftsstrafverfahren der Nachkriegsgeschichte hat den Standort 
Deutschland längst nachhaltig geprägt. Die juristische Bewertung der 
millionenschweren Zahlungen an amtierende und frühere 
Mannesmann-Manager nach der Übernahme durch Vodafone macht 
mittlerweile nur einen Bruchteil einer bemerkenswerten Diskussion 
über die Verantwortung der ökonomischen Eliten des Landes aus. 
Publizisten, Juristen, Ethiker und Politiker haben ihre Schlüsse aus 
dem Fall gezogen, der sich mehr und mehr zur Causa Ackermann 
entwickelt hat. Denn der Vorstandschef der Deutschen Bank ist es, der
symbolhaft für die Deutschland AG steht. Nicht zuletzt sein von 
vielen Beobachtern als zynisch empfundenes Victory-Zeichen vor 
Gericht schürte den Verdacht, eine abgehobene Kaste einflussreicher 
Konzernlenker habe jegliche Bodenhaftung verloren - nicht nur in 
Gehaltsfragen, sondern auch bei unternehmerischen Entscheidungen.
Eine Keimzelle für das katastrophale Image "der Manager" findet 
sich auch im Mannesmann-Prozess. Es grassiert der Generalverdacht 
gegen eine als gierig empfundene Managerklasse. Von der 
Öffentlichkeit sind die Angeklagten rund um Ackermann und Esser 
längst schuldig gesprochen. Dabei hat sich der Bankchef - anders als 
Esser - selbst gar nicht bereichert. Aber Ackermann hat einen 
gravierenden Fehler begangen, als er die Prämien und 
Pensionsabfindungen in Höhe von insgesamt rund 57 Millionen Euro 
abnickte. Hier wurde Vermögen, das treuhänderisch zu verwalten war, 
zum Schaden von Aktionären und Arbeitnehmern leichtfertig verprasst. 
Gutsverwalter, so kommentierte der Bundesgerichtshof ebenso scharf 
wie treffend, haben sich wie Gutsherren aufgespielt.
Der Fall Mannesmann hat auch einen Erkenntnisprozess über die 
Grundlagen guter Unternehmensführung in Gang gesetzt. Klammheimlich 
an der Konzernspitze abkassieren - das ist heute nicht mehr möglich, 
ohne Gefahr zu laufen, den Ruf zu riskieren. Längst reagiert die 
Öffentlichkeit überaus sensibel auf etwaige Verfehlungen. Eine Reihe 
von Großkonzernen veröffentlicht mittlerweile, welche Vergütungen 
ihre Vorstände erhalten. Viele Unternehmen haben detaillierte 
Spielregeln festgeschrieben, die zumindest juristisch einwandfrei 
klären sollen, wann welche Erfolgsprämie zu zahlen ist. Fragen von 
Anstand und Moral allerdings lassen sich nicht vor Gericht klären - 
wohl aber in einer gesellschaftlichen Debatte. Insofern ist der 
Mannesmann-Prozess schon jetzt ein Erfolg.

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Telefon: (0201) 804-0
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