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WAZ: Wendepunkt der Irak-Politik: Zeit für Verantwortung - Kommentar von Rolf Potthoff

Essen (ots)

Verantwortung tragen - ein Begriff, der edel wirkt,
mit dem sich mancher deswegen oft und gern schmückt. Im Privaten, 
aber auch in der internationalen Politik. Dass Verantwortung mehr 
bedeutet, als hohle Wortgeklingel verbreiten, zeigt sich aber erst, 
wenn es zum Schwur kommen muss - das ist beim Irak jetzt der Fall.
Zur Analyse ist beileibe alles gesagt. Es war Bushs fataler 
Trugschluss zu glauben, allein mit der Befreiung aus der Diktatur 
lege die Basis für eine Demokratie westlicher Prägung. Zu verschieden
sind die kulturell-religiösen Grundlagen. Und dass 
Militär-Durchhalteparolen die Lage nicht bessern, macht Bakers 
Bericht auch Hardlinern klar.
Welche Konsequenzen sind zu ziehen? Etwa für Deutschland - 
zuschauen, wie der Irak in Bürgerkrieg, Gemetzel und Chaos versinkt? 
Sich in klammheimliche Häme zu flüchten, weil es "abzusehen war"? Es 
spräche dem abertausendfachen Blutzoll Hohn.
Im Irak zeichnet sich ein Wendepunkt ab. Die USA denken über 
Abzugpläne nach. Iraks Regierende sind ohnmächtig, sie werden der 
Gewalt und Gesetzlosigkeit nicht Herr. Wer aber den Irak sich selbst 
überlässt, lädt radikale Kräfte aller Couleur ein, das Vakuum 
auszufüllen, das ein sich trollender Westen hinterließe. Dabei ist 
das Gegenteil richtig: Engagement, die Stunde, in Verantwortung zu 
gehen, schlägt jetzt.
Engagement heißt nicht, Leopard und Tornado zum Golf zu schicken.
Sondern zu allererst anzuerkennen, dass der Irak nicht zum Spielball 
regionaler, sprich syrischer oder iranischer Interessen werden darf. 
Ein weltpolitisch brisantes Machtzentrum reifte in Nahost heran. Auch
die Gefahr - erst recht für die Existenz Israels - wäre groß.
Berlins Kriegs-ablehnende Haltung schuf Vertrauenskredit. Den 
jeder braucht, der Mittler und Helfer sein kann - und will. Keine 
Frage, die Rolle des Weltpolizisten steht Deutschen nicht. Doch es 
gilt, den Irak zu stablisieren. Das beginnt bei der politischen 
Unterstützung die mäßigenden Kräfte und könnte bis zu konkreten, 
zivilen. humanitären Hilfen beim Aufbau oder der Ausbildung von 
Sicherheitskräften reichen. Ein "nicht hässlicher Westen" böte sich 
dar.
Die Rolle bedeutendster Staaten Europas kann sich im Nein zu 
Bush's Golf-Politik nicht erschöpfen. Kopf-in-den-Sand-Strategien 
verschärften die Probleme, die ein im Stich gelassener Irak 
hinterließe. Ein Engagement auch Deutschlands entspräche nicht nur 
Friedensinteressen, sondern auch richtig verstandener 
Verantwortungsethik.

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Rückfragen bitte an:
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Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de

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