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WAZ: Alles wird grün: Das Klima und der Kapitalismus - Leitartikel von Ulrich Reitz

Essen (ots)

Vielleicht wird am Ende doch noch alles gut. Nehmen
wir für einen Moment an, das Thema Klimawandel endet dann doch nicht 
wie in einem dieser schaurig-schönen Katastrophenfilme, sondern wird 
von der Menschheit gelöst - weshalb könnte es genau so kommen?
Sicher nicht aus Idealismus. Die Folgen des Klimawandels 
einzudämmen, kostet je nach Schätzung zwischen ein bis drei Prozent 
unseres Bruttosozialprodukts. Nichts zu tun, würden wir global mit 
einem Verlust von bis zu 20 Prozent unserer Wirtschaftsleistung 
bezahlen. Daraus folgt: Klimaschutz ist nicht mehr irrational, 
sondern rational. Ein einstmals ökologisches wird zu einem 
ökonomischen Thema. Darum ist es so plötzlich vorbei mit seinem 
Nischendasein: Die Welt grün zu erhalten steht nun im Zentrum unserer
Aufmerksamkeit. Es handelt sich nicht mehr um eine Angelegenheit von 
Greenpeace, sondern der Uno.
Man könnte auch sagen: Klimaschutz wird kapitalistisch. Er 
bedroht nicht mehr Wohlstand, sondern setzt ihn voraus. Die Freiheit 
des Wirtschaftens findet im Klima seine größte Bedrohung; eine, die 
womöglich größer ist als die durch den islamistischen Terrorismus. 
Wenn der Weltwirtschafts-Metropole Shanghai aufgrund einer 
Versteppung im Norden des Landes Wassernot droht, wenn die 
klimabedingten Umweltkatastrophen im übrigen Asien und vor allem in 
Afrika zunehmen, braucht es wenig Phantasie sich auszumalen, welche 
unmittelbaren Folgen das in den westlichen Wohlstandsgesellschaften 
haben wird.
Wenn Klimaschutz kapitalistisch wird, dann werden die beiden 
kapitalistischsten Länder der Welt, die USA und China sich dieses 
neuen globalen Megathemas bemächtigen. Chinas Katheder-Kommunisten, 
früher die allergrößten Umweltfrevler, reden schon so. Schwarzenegger
hat noch vor den Europäern verbindliche CO2-Ziele durchgesetzt. Wobei
er Klimaschutz ansieht als einen Beitrag zur Rettung der 
amerikanischen Freiheits-, Europäer würden sagen: Spaßgesellschaft. 
Arnie will weiter lustvoll große Autos fahren, nur eben mit Ökosprit.
Jedenfalls sollten die Europäer, erkennbar narkotisiert von jüngsten 
Gipfel-Erfolgen, bloß nicht glauben, sie hätten auf das Thema 
Umwelt-Technologie ein Dauer-Monopol. Sobald sich herumspricht, dass 
man damit Geld verdienen kann, werden die USA und China, die schon in
der Vergangenheit oft weitaus dynamischer, entschlossener und 
innovativer agiert haben als die Europäer, dem alten Kontinent die 
Pole Position auf dem Weltmarkt streitig machen. Und die 
Globalisierung? Wird halt auch noch grün.

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