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WAZ: Bush und der Klimaschutz: Amerika zuerst, wer folgt? - Leitartikel von Jürgen Polzin

Essen (ots)

Es ist nicht anzunehmen, dass US-Präsident George W.
Bush die Zeche Zollverein in Essen kennt. Auch wird ihm wohl nicht 
berichtet worden sein, dass an diesem Wochenende parallel zum Treffen
der EU-Umweltminister eine exquisite Messe deutscher 
Umwelttechnologien rund um die Industriekathedrale errichtet wurde. 
Wirklich schade, dass Bush nicht sehen kann, wie deutsche Unternehmen
dank Technologie und trotz Kyoto-Protokoll Geld verdienen.
America first, die anderen werden folgen. Der Weg der USA in 
Sachen Klimaschutz war schon immer ein einsamer. Seit über einem 
Jahrzehnt verweigert sich die Supermacht beharrlich jedweder 
Verbindlichkeit. Das Kyoto-Protokoll, quasi der Werkzeugkoffer im 
internationalen Klimaschutz, haben die USA mitausgehandelt, jedoch 
nie ratifiziert. Es schadet der Wirtschaft, sagt Bush. Die 
US-Wirtschaft schadet der Welt, entgegen Kritiker. Statistisch 
gesehen ist jeder der rund 300 Millionen Amerikaner pro Jahr für 19,7
Tonnen klimaschädliches CO2 verantwortlich. Als umweltverträglich 
gilt ein Pro-Kopf-Ausstoß von drei Tonnen.
Doch glaubt man Nancy Pelosi, Bushs demokratische Gegenspielerin 
und Präsidentin des US-Repräsentantenhauses, setzt die Geschichte 
gerade an, den US-Präsidenten zu überholen. Über ein Dutzend 
US-Bundesstaaten wollen sich in einer Art zivilem Ungehorsam dem 
europäischen Handel mit CO2-Lizenzen anschließen. Bush, dessen 
Amtszeit 2009 endet, scheint in der Klimaschutzfrage isoliert. 
Deswegen mag man seine überraschend angekündigte eigene Strategie so 
interpretieren: Angriff ist die beste Verteidigung.
Bushs Vorstoß kommt zu einer Zeit, in der die unter dem Dach der 
Vereinten Nationen versammelte Klimakoalition über ernsthafte und 
weitreichende Ziele verhandelt. Heiligendamm sollte der Ort sein, an 
dem die USA Farbe bekennen sollten. Nun geht es anders herum. Bush 
lockt die 15 Länder mit den größten Emissionen an den Tisch, 
verspricht China und Indien technologische Hilfe und wirbt mit 
freiwillig zu setzenden CO2-Zielen, die an die jeweilige 
Wirtschaftslage angepasst werden sollen.
An Bundeskanzlerin und G-8-Präsidentin Angela Merkel liegt es, 
Bushs Schachzug einen intelligenten folgen zu lassen. Deutschland und
die USA brauchen einander, wenn es um Technologien zur Bekämpfung der
globalen Erwärmung geht. Doch ohne völkerrechtlich verbindliche Ziele
und Sanktionen ist Klimaschutz eine Sache, die man tun oder lassen 
kann. America first, sagt Bush. Die Frage ist, wer ihm folgt.

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Zentralredaktion
Telefon: (0201) 804-0
zentralredaktion@waz.de

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