Westfalenpost: Der Mordbefehl
Hagen (ots)
Dokument belegt Menschenverachtung Von Bodo Zapp Wie auch immer der Zufall bewirkt hat, dass der Stasi-Mordbefehl unmittelbar vor dem heutigen 46. Jahrestag des Mauerbaus bekannt wurde: Die Entdeckung dieses ungeheuerlichen Dokumentes kommt zur rechten Zeit. Wegen der Neigung zu einer Geschichts-Verharmlosung in Filmen und Reden. Die "Leipziger Volkszeitung" bringt es aus innerer Nach-DDR-Sicht auf den Punkt: "Für die Nachgeborenen ist das Wissen, dass die Mauer eine mörderische Grenze war, eine heilsame Medizin. Sie sollte immun machen gegen nostalgische Stammtischgespräche der Sorte Früher war doch alles besser." Es sollte nun auch Schluss sein mit Bestrebungen, der Aufarbeitung des Unrechtsregimes enge zeitliche Grenzen zu setzen. Bis heute ist nur ein kleiner Teil der 91 000 hauptamtlichen Stasi-Mitarbeiter bestraft worden. Nicht wenige der Bespitzeler und Menschenverfolger erhalten Altersbezüge deutlich über dem Rentendurchschnitt. Die "Zufalls-Entdeckung" der Lizenz zum Töten von Flüchtlingen gibt einen Funken Hoffnung, dass einige Anstifter der Verbrechen doch noch verurteilt werden könnten. Die Anklage lautet auf vorsätzlichen Mord. Die Wortwahl der Tötungs-Dienstanweisung ("Liquidieren") entlarvt die ganze Menschenverachtung der DDR-Führung. Auch auf Frauen und Kinder solle ohne Zögern geschossen werden: Aus Zorn über Täter und Leugner wird Abscheu. Dass solch ein Mordbefehl vor Jahren in Wissenschaftlerkreisen publik wurde, ändert nichts an der Brisanz der Veröffentlichung. Todesstreifen, Selbstschussanlagen, Schießbefehl ohne Rücksichtnahme - der 13. August ist ein Tag gegen Vergessen.
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