Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz rettet sich ins Ziel
Lebenshilfe begrüßt Einigung in der Großen Koalition, will Umsetzung aber wachsam begleiten
Marburg (ots)
Mit Genugtuung hat die Bundesvereinigung Lebenshilfe vernommen, dass sich die große Koalition auf ein Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verständigt hat, das behinderte Menschen vor Benachteiligungen im Rechtsverkehr schützen soll. Ob das Gesetz griffig formuliert ist und behinderten Menschen wirklich die Möglichkeit gibt, sich gegen Diskriminierungen beim Besuch von Gaststätten und Hotels, beim Abschluss von Versicherungsverträgen, bei der Anmietung von Wohnraum usw. zur Wehr zur setzen, muss die Zukunft erweisen.
"So glücklich wir darüber sind, dass das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz das Merkmal der 'Behinderung' berücksichtigt, bedauern wir doch, dass der Gesetzentwurf in letzter Minute an einigen Stellen verwässert worden ist", so Robert Antretter, Vorsitzender der Bundesvereinigung Lebenshilfe für Menschen mit geistiger Behinderung.
Dies gelte z. B. für die Beweislastregelung zum Nachweis einer Diskriminierung, die deutlich zu Lasten der betroffenen Menschen abgeschwächt worden sei oder für die Streichung der Klagerechte von Antidiskriminierungsverbänden, denen ursprünglich die Möglichkeit eingeräumt werden sollte, als Bevollmächtigte von benachteiligten Personen vor Gericht aufzutreten.
In den letzten Wochen haben insbesondere die Wirtschaftsverbände eine Kampagne gegen das AGG entfaltet und sich nicht davon abhalten lassen, auch unseriöse Argumente auf den Tisch zu legen. So ist in der Öffentlichkeit der Eindruck erweckt worden, das AGG schade dem Wirtschaftsstandort Deutschland und gehe weit über die Verpflichtungen hinaus, die sich aus den Gleichbehandlungsrichtlinien der Europäischen Union ergeben.
Die Wahrheit ist eine andere: Deutschland zählt zu den wenigen Ländern, die es bisher versäumt haben, europäisches Antidiskriminierungsrecht umzusetzen. Aus Brüssel verlautet, dass der Bundesregierung bereits Strafzahlungen in Höhe von 900.000 Euro pro Tag angedroht worden sind, wenn nicht endlich gehandelt wird!
"Viele haben noch nicht begriffen", so Robert Antretter, "dass die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union bereits im Jahr 1997 unter Mitwirkung der Regierung Helmut Kohl in Artikel 13 des Vertrages von Amsterdam beschlossen haben, Diskriminierungen aus Gründen des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder sexuellen Ausrichtung zu bekämpfen. Die Verwendung des Begriffs 'bekämpfen' zeigt, wie ernst es der Europäischen Union damit ist, gegen soziale und gesellschaftliche Ausgrenzungen vorzugehen. Erweist sich das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz in der Praxis an einigen Stellen als 'stumpfes Schwert', werden wir deshalb Nachbesserungen fordern."
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