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Aachener Nachrichten: Teutonischer Hammer - Auf dem Gipfel in Brüssel wurde viel Porzellan zerschlagen; Ein Kommentar von Joachim Zinsen

Aachen (ots)

Doch, eine gute Nachricht gibt es tatsächlich aus Brüssel zu vermelden. Auf dem chaotischen Gipfel vom Wochenende ist verhindert worden, dass die Eurozone implodiert. Zumindest vorerst. Glück gehabt! Das ist aber auch schon alles an froher Kunde. Auch wenn Kanzlerin Angela Merkel jubelt und sich von "Bild" & Co. bejubeln lässt, Finanzminister Wolfgang Schäuble seinen Triumph eher still genießt, SPD-Chef Sigmar Gabriel dem Duo mal wieder artig zur Seite steht und der griechische Regierungschef Alexis Tsipras tapfer versucht, die Contenance zu wahren: Der 13. Juli 2015 war kein guter Tag. Und zwar nicht nur für Griechenland, sondern auch nicht für Europa, für Deutschland und für die Demokratie. Griechenland muss also die verheerende Kaputtsparpolitik der vergangenen Jahre fortsetzen und zudem seinen Arbeitsmarkt extrem liberalisieren. Das wird die Wirtschaft des Landes noch tiefer in die Knie zwingen und noch größere Teile der Bevölkerung in die Verarmung treiben. Auch die in Aussicht gestellten Investitionshilfen der EU dürften daran wenig ändern. Wie Athen angesichts dieser Rahmenbedingungen Schulden zurückzahlen soll, bleibt ein Rätsel. Schlaue Gläubiger erlassen ihren Schuldnern in einem Insolvenzverfahren einen großen Teil der Verbindlichkeit, damit für sie die Chance bestehen bleibt, zumindest einen kleineren Teil des Geldes zurückzuerhalten. Merkel und Schäuble ist so viel Weisheit und Weitsicht offenbar fremd, sie spielen lieber mit Illusionen, weil sie vor der deutschen Öffentlichkeit nicht eingestehen wollen, dass ihre "Rettungspolitik" gescheitert ist. Das Problem Griechenland liegt auch nach dem Euro-Gipfel weiter auf Wiedervorlage. Dafür hat das deutsche Duo der griechischen Regierung und einigen europäischen Partnern am Wochenende einmal so richtig gezeigt, wo der teutonische Hammer hängt. Mit seiner zwischenzeitlichen Drohung, Athen für Jahre aus dem Euro zu schmeißen, wollte Schäuble Tsipras in die Kapitulation treiben und demütigen. Es ist ihm gelungen. Machtpolitisch war das sicherlich eine Meisterleistung. Europapolitsch aber ist es eine Katastrophe mit Langzeitfolgen. Bild vom hässlichen Deutschen Das deutsche Duo hat in Brüssel nämlich ein Prinzip beiseite geschoben, das die Europapolitik von Helmut Schmidt, von Helmut Kohl ja selbst von Gerhard Schröder bestimmt hat - die Suche nach einem fairen Interessensausgleich mit allen Partnern. Merkel und Schäuble haben jetzt deutlich gemacht, dass der Stärkere jederzeit den Schwächeren dominieren kann, Deutschland der stärkste Staat in der EU ist und selbst Frankreich und Italien zu kuschen haben, wenn es eng wird. Durch sein schulmeisterhaftes, arrogantes und herrisches Auftreten hat vor allem Schäuble das Bild vom hässlichen Deutschen wiederbelebt. Es geistert inzwischen nicht nur durch Griechenland, nicht nur durch die üblichen deutschlandskeptischen Milieus. Selbst in Ländern wie Frankreich, Italien und Spanien macht sich immer mehr die Angst vor einem Hegemon breit, der respekt- und rücksichtslos die eigenen Vorstellungen durchsetzt. Die Angst reicht bis in die Mitte dieser Gesellschaften hinein. Sie zerstört Vertrauen und stärkt nationalistische Kräfte. Das schadet Europa und damit letztlich auch Deutschland. Dass bei dem Griechenland-Diktat ganz nebenbei auch noch die Demokratie unter die Räder geraten ist, Hellas zu einer Art Protektorat herabgestuft wird, in dem Athen seine Gesetze von nichtgewählten Technokraten absegnen lassen muss, scheint in der Bundesregierung niemanden ernsthaft zu stören. Nein, gestern war kein guter Tag.

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