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Neue Westfälische (Bielefeld): KOMMENTAR Peer Steinbrück fordert Angela Merkel heraus SPD setzt auf Sieg THOMAS SEIM

Bielefeld (ots)

Eine Überraschung war es nicht mehr. Und obwohl die SPD samt Steinbrück gestern wegen einer Indiskretion des Fraktionsvorsitzenden Frank-Walter Steinmeier in die Nominierung stolperte: Am Ende hat die größte Oppositionspartei gerade noch rechtzeitig einen Scoop landen können. Fünf Thesen zur Kanzlerkandidatur Peer Steinbrücks: 1. Die Eurokrise wird die Wahl nicht entscheiden. Mit dem früheren Finanzminister schickt die SPD einen Kandidaten ins Rennen, der der Kanzlerin auf deren bislang wichtigstem Profilfeld Paroli bieten wird. Angela Merkel wird es schwerfallen, die Wählerinnen und Wähler davon zu überzeugen, dass der Mann, der mit ihr gemeinsam 2008 die Sparguthaben der Deutschen garantierte und damit rettete, weniger geeignet ist, auf das Geld der Bürger aufzupassen, als sie selbst. Merkels bislang wichtigstes Wahlkampfthema ist damit neutralisiert. 2. Steinbrück muss im Wahlkampf auf die Gerechtigkeitsfrage setzen. Angedeutet hat der Kandidat das bereits mit seinen vor wenigen Tagen vorgetragenen Thesen zur Regulierung des Bankensektors. Zwar trat er dort durchaus als Finanzfachmann in Erscheinung. Allerdings transformierte er das Thema der Bankenregulierung in ein Gerechtigkeitsthema. Setzt er diesen Kurs fort, wird er sein Wählerlager maximal mobilisieren können. 3. Mit Steinbrücks Kandidatur setzt die SPD auf Sieg. Der SPD-Kanzlerkandidat hat frühzeitig erklärt, dass er für ein Amt in einem Kabinett Merkel nicht zur Verfügung steht, sondern nur für das Kanzleramt selbst. Das ist angesichts der aktuellen Umfrage mutig, aber auch richtig. Nur noch 13 Prozent der Bürger sind - glaubt man den Umfragen - für die Fortsetzung der jetzigen Koalition aus Union und FDP. 40 Prozent dagegen wollen Rot-Grün. Beide Parteien kommen derzeit auf etwa 46 Prozent der Stimmen. 47,5 bis 48 Prozent etwa braucht eine Koalition für eine Kanzlermehrheit. Das kann funktionieren. 4. Steinbrück muss einen Lagerwahlkampf führen. Der Kandidat hat nur eine Chance, wenn er auf einen Richtungswahlkampf setzt. Spätestens seit dem Landtagswahlkampf 2000 in NRW, den Steinbrück mit Clement gemeinsam nur noch knapp gewinnen konnte, ist deutlich geworden, dass die Wähler einen Wankelkurs zwischen FDP und Grünen nicht honorieren. Erliegt Steinbrück der Versuchung eines Ampelwahlkampfs mit den Liberalen, wird er seine eigene Partei demobilisieren und verlieren. 5. Die SPD-Linke wird einen Preis für Steinbrücks Nominierung verlangen. Der Preis: höheres Rentenniveau. Tatsächlich wollte die SPD Steinbrück im November zum Kandidaten ausrufen, und zwar nach den Rentenbeschlüssen der Partei und parallel zum CDU-Parteitag. Steinmeiers Vorpreschen gibt nun der Parteilinken die Chance, für ihre Zustimmung zum Kandidaten den Preis in der Rentenpolitik der SPD zu erhöhen. Seit gestern ist der Wahlkampf eröffnet. Die Innenpolitik wird wieder spannend.

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