"In der Betroffenheit einig, in den Instrumenten auseinander" - Sonnleitner kritisiert falsche Darstellung seiner Aussagen in der Öffentlichkeit
Berlin (ots)
(DBV) Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Gerd Sonnleitner, hat noch¬mals seine Wut und Enttäuschung über die Marktmisere gerade für die Milchbauern zum Ausdruck gebracht. Er forderte gleichzeitig die Medienvertreter auf, nicht durch ihre Bericht¬erstattung und falsche Wiedergabe von Zitaten die Not noch zu vergrößern und einen Keil zwischen die Bauernschaft zu treiben. Hintergrund ist das Verhalten von Pressevertretern und Agenturen, die am Wochenende versucht haben, mit einem Interview in der Süddeut¬schen Zeitung aus dieser klaren Haltung und Positionierung des Bauernverbandes einen Feuerbrand unter den Milchbauern zu erzeugen.
Sonnleitner wörtlich: "Ich halte es für richtig und geboten, wenn die Milchbauern ihre berech¬tigten Sorgen und Ängste in die Öffentlichkeit tragen und insbesondere von der Politik Krisenintervention verlangen. Ich akzeptiere aber keine Aktionen und Forderungen, die an der Realität vorbeigehen und sogar mit persönlichen Pressionen arbeiten. Dies ist und wird nicht Stil des Bauernverbandes sein." Darin sind sich alle Präsidenten der Landesbauern¬verbände einig.
Das Interview mit der Süddeutschen Zeitung im Original:
SZ: Herr Sonnleitner, waren Sie schon bei den Bäuerinnen, die vor dem Kanzleramt für höhere Milchpreise streiken? Sonnleitner: Nein.
SZ: Warum nicht? Sonnleitner: Ich verstehe das Anliegen und die Emotionen, die Lage am Milchmarkt ist dramatisch. Aber solche Aktionen sind nicht Stil des Bauernverbands. Ich glaube auch nicht, dass mein Auftauchen erwünscht wäre. Einige Milchbauern sehen in mir einen Feind.
SZ: Es fiel sogar das Wort "Verräter". Sonnleitner: Ja. Sie meinen fälschlicherweise, ich hätte mich auf EU-Ebene dafür eingesetzt, dass die Milchquote erhöht wird, also die Menge, die die Bauern höchstens produzieren dürfen. Doch das stimmt nicht. Im Gegenteil. Ich habe EU-Kommissarin Mariann Fischer-Boel aufgefordert, in dieser angespannten Marktsituation keinesfalls die Quote weiter zu erhöhen, weil der Milchpreis dann nur weiter unter Druck gerät.
SZ: Sie wurde aber trotzdem erhöht. Sonnleitner: Ja, leider. Die Kommissarin hat klipp und klar gesagt, dass die Zeit vorbei ist, wo der Staat eine Produktionsmenge vorschreibt. Und die absolute Mehrheit der EU-Staaten ist auch dieser Meinung. Ich konnte daher nur noch dafür werben, wenigstens den Absatz massiv zu fördern und den Milchbauern finanziell zu helfen. Und das werfen mir einige Milchbauern jetzt vor.
SZ: Sie dagegen schimpfen gern auf die Disounter. Warum? Sonnleitner: Der Einzelhandel nutzt die Krise mit permanenten Preissenkungen gnadenlos aus. Nirgends in Europa sind Lebensmittel so billig wie hier.
SZ: Aber aus Verbrauchersicht verhält sich der Einzelhandel doch vorbildlich: Er liefert gute Ware zum günstigen Preis. Sonnleitner: Kurzfristig mag das gut sein für die Verbraucher. Langfristig wird es schlimm. Geben unsere Bauern auf, sind wir vom Ausland abhängig. Die Versorgungssicherheit wäre gefährdet, neue Abhängigkeiten, wie beim Öl, können nicht im Interesse der Verbraucher sein.
SZ: Lenken Sie damit nicht nur davon ab, dass Sie selbst keine Lösung haben? Sonnleitner: Natürlich hat der Einzelhandel nicht die alleinige Schuld. Unsere Milchindustrie ist viel zu zersplittert. Wir haben 120 Molkereien, die fünf großen Lebensmittelketten gegenüberstehen. Das ist eine denkbar schlechte Basis für Verhandlungen. Unsere Molkereien müssen sich dringend besser aufstellen.
SZ: Die Milchbauern wollen die Produktion europaweit flexibel an die Nachfrage anpassen. Was haben Sie dagegen? Sonnleitner: Dafür gibt es in der EU keine Mehrheit. Die Verantwortung liegt bei den Milchbauern und vor allem bei den ihnen gehörenden Molkereien. Sie müssen sich im Markt durchsetzen, da der Staat sich aus Marktordnungen herauszieht.
SZ: Durch den Bauernverband geht ein Riss. Was wollen Sie dagegen tun? Sonnleitner: Als Verbandspräsident trage ich Verantwortung und will nicht populistisch meinen Mitgliedern etwas vormachen. Wir dürfen die Augen nicht vor der Wahrheit verschließen. In den Agrarmärkten auch bei der Milch gelten zunehmend die Gesetze des Marktes. Das heißt, wir müssen uns auf die Veränderungen. Wenn wir nicht den Blick für die Realität haben, drohen wir im Wettbewerb den Anschluss zu verlieren. Ich will aber, dass Deutschland das führende Milchland in der EU bleibt und die Milchbauern von ihrer Arbeit leben können.
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