Sonnleitner: Tierschutz ist unteilbar und ganzheitlich - Möllers: Fünf vor Zwölf bei Nutztierhaltungs-Verordnungen
Berlin (ots)
Wer den Tierschutz ernsthaft voranbringen will, muss die Tierschutzkriterien für die Haltung von landwirtschaftlichen Nutztieren immer EU-weit einheitlich gestalten und sie auch bei den WTO-Verhandlungen verankern. Dies erklärten der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Gerd Sonnleitner, und der Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes, Franz- Josef Möllers, der in den DBV-Gremien die Veredlung und Tierhaltung vertritt, auf einer Pressekonferenz in Berlin anlässlich des DBV- Perspektivforums Tierschutz in der Landwirtschaft Status quo und Perspektiven. Im Hinblick auf die Agrarministerkonferenz von Bund und Ländern (7.10.2004) forderte Sonnleitner nachdrückliche politische Entscheidungen zur Schweinehaltungs- und Legehennenhaltungs-Verordnung, die Tierschutz und Ökonomie vereinbarten. Die deutschen Bauern und der Bauernverband ständen für hohe Tierschutz-Standards und für eine moderne, leistungsfähige Tierhaltung. Tierschutz ist ganzheitlich zu betrachten und unteilbar, weshalb gleiche Anforderungen auch für Importe der tierischen Produkte gelten müsse, betonte Sonnleitner.
Landwirtschaftliche Tierhaltung werde in Deutschland nach der Zielsetzung eines nachhaltigen Wirtschaftens ausgerichtet. Jede Investition im Stall sei bestimmt von Innovationen für den Tierschutz. Dies werde in der Öffentlichkeit jedoch vielfach verkannt. Wer 365 Tage faktisch rund um die Uhr für seine Tiere lebt und arbeitet und dafür bestens ausgebildet wurde, der ist tief getroffen und total verunsichert, wenn ihm öffentlich vorgeworfen wird, er würde Tierschutz nicht ernst nehmen oder gar dagegen verstoßen, gab Sonnleitner das Stimmungsbild der tierhaltenden Landwirte wieder. Die politischen Vorstellungen von nationalen Alleingängen im Tierschutz würden dabei den Bauern die ökonomische Grundlage für eine Tierhaltung in Deutschland nehmen. Immerhin bestreiten zwei von drei Landwirten den größten Teil ihres Einkommens aus der Tierhaltung, dies sind mehr als 50 Prozent des Gesamteinkommens der deutschen Landwirtschaft.
Allein die Umsetzung des Vorschlages der Bundesregierung zur Schweinehaltungs-Verordnung würde die stallbedingten Kosten in der Schweinehaltung um bis zu 15 Prozent erhöhen. Die vorgesehene nationale Verschärfung der EU-Vorgaben würde die Investitions- und Produktionskosten gerade für kleine und mittlere Betriebe marktentscheidend erhöhen, so dass angesichts der liberalisierten Marktbedingungen und des weltweit zunehmenden Wettbewerbs in der Schweinefleischerzeugung viele Betriebe die erforderlichen Umrüstungen nicht mehr finanzieren könnten. Die Folge wäre beschleunigter Strukturwandel in den tierhaltenden Betrieben und Arbeitsplatzverluste auch in vor- und nachgelagerten Wirtschaftsbereichen. Sonnleitner und Möllers werteten den Bundesratsvorschlag vom November vergangenen Jahres zur Schweinehaltungs-Verordnung als einen akzeptablen Kompromiss, der die Anforderungen an den Tierschutz und an die aktuelle Wettbewerbssituation" berücksichtige.
Auch das Beispiel der Haltung von Legehennen verdeutliche dramatisch die Folgen nationaler Verschärfungen beim Tierschutz. Der vorgesehene Ausstieg aus der Käfighaltung sechs Jahre früher als in den anderen EU-Ländern und die nur vorübergehend vorgesehene Nutzung von so genannten Kleinvolieren hätten nach allen Einschätzungen von Markt¬experten eine Wettbewerbsbenachteiligung der deutschen Eiererzeuger und Produktionsverlagerung ins Ausland zur Folge. Dem Tierschutz sei damit nicht gedient, da dort vielfach geringere Anforderungen an den Tierschutz gestellt würden. Nach Marktprognosen werde sich der Marktanteil von derzeit 76 Prozent am inländischen Eiermarkt halbieren. Durch die ideologisch geprägte politische Diskussion werde bereits heute festgestellt, so Sonnleitner, dass infolge der Verunsicherung in der Praxis und fehlender Planungssicherheit Investitionen in der heimischen Legehennenhaltung zum Erliegen gekommen seien, während in Osteuropa zahlreiche Großanlagen neu geplant und gebaut würden. In der Tschechischen Republik zum Beispiel werde an der Grenze zu Deutschland eine Großanlage mit rund 1,5 Millionen Legehennen und den ab 2006 in Deutschland verbotenen Käfigen gebaut, um die deutschen Verbraucher mit billigen Käfigeiern zu versorgen. Auch der ruinöse Preiskampf im Lebensmitteleinzelhandel vor allem bei den Discountern und die Bevorzugung der Verbraucher von Billigprodukten zerstörten jeden Ansatz eines weiter entwickelten Tierschutzes.
Im Hinblick auf die Entscheidung der Agrarministerkonferenz in Burg Warberg erklärte Sonnleitner, dass der DBV gemeinsam mit der Geflügelwirtschaft die Praxis von Kleinvolieren weiterentwickelt und damit deutlich gemacht habe, dass sich die Bauern in der Entwicklung neuer Haltungssysteme für Tiere sehr engagieren. Die Zielsetzung sei eine tierschutzgerechte Haltung der Legehennen, die Minimierung des Infektions- und Krankheitsdrucks der Tiere sowie die Erhaltung von Marktanteilen in stetig offeneren und globalisierteren Nahrungsmittelmärkten. Nur mit den Kleinvolieren bestehe die Möglichkeit, die Eierproduktion in Deutschland zu halten und Tausende von Arbeitsplätze nicht in Länder mit niedrigen Tierschutzstandards abwandern zu lassen. Wir appellieren an Bundesministerin Renate Künast, ihren ideologischen Widerstand im Hinblick auf die Kleinvolieren aufzugeben und den Dialog über die endgültige Ausgestaltung wieder aufzunehmen, forderten Sonnleitner und Möllers vor der morgigen Agrarratssitzung.
Möllers, selbst Schweinemäster im westfälischen Riesenbeck, sieht die tierhaltenden Landwirte vor sehr weittragenden politischen Entscheidungen. Würden die Haltungsverordnungen weiterhin nur unter populistischen und ideologischen Vorgaben ohne ökonomische Folgenabschätzung getroffen, wäre der Rückgang der Tierhaltung in Deutschland nicht aufzuhalten, würden Marktanteile wegbrechen. Damit würden auch Investitionen vor allem auch im Hinblick auf Fortschritte beim Tierschutz unterbleiben. Das unternehmerische Kalkül für Investitionen und Innovationen muss erhalten bleiben und nicht durch Gesetze jenseits der Marktrealität erstickt werden, erklärte Möllers. Ökonomie und Tierschutz sei kein Gegensatz, sondern werde nur in der öffentlichen Diskussion und in politischen Entscheidungen als solcher betrachtet. Die Landwirte hätten in den vergangenen Jahren trotz offener Märkte sich durchgesetzt und angesichts Qualität, Transparenz und Tierschutz Spitzenstellungen erkämpft und damit bewiesen, dass Tierschutz und Wirtschaftlichkeit vereinbar seien.
ots-Originaltext: Deutscher Bauernverband (DBV)
Digitale Pressemappe: http://www.presseportal.de/story.htx?firmaid=6599
Kontakt:
Deutscher Bauernverband
Dr. Michael Lohse
Pressesprecher
Tel.: 030 / 31904 240
Original content of: Deutscher Bauernverband (DBV), transmitted by news aktuell