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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Transrapid

Bielefeld (ots)

Wenn Hermann Kemper das erleben könnte! Der aus
Nortrup im Landkreis Osnabrück stammende Ingenieur hat schon Anfang 
der dreißiger Jahre die Technik einer Magnetschwebebahn zum Patent 
angemeldet. Leider starb Kemper jedoch vor 30 Jahren, ohne seine 
Erfindung in Funktion sehen zu können.
Fast schien es so, als sollte überhaupt niemand in Deutschland den 
Transrapid je abseits der Teststrecke im Emsland nutzen können. 
Nacheinander kippten zunächst die Strecke Hamburg - Berlin und dann 
die vom früheren NRW-Ministerpräsidenten Wolfgang Clement 
favorisierte WM-Schleife durch das Rhein-Ruhr-Gebiet aus den 
Planungen. Einzig Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber hielt die 
Strecke zwischen Flughafen und Hauptbahnhof München so lange in der 
Schwebe, bis ihm der Bau jetzt zum Abschiedsgeschenk gemacht werden 
konnte. Was dem »Kini« - Bayerns König Ludwig II. - sein 
Neuschwanstein und dem Urgestein Franz-Josef Strauß der Flughafen im 
Erdinger Moos, ist dem jetzt scheidenden Ministerpräsidenten eben 
sein Transrapid.
Zweifellos ist die Technik des neuen Verkehrsmittels faszinierend. 
Verständlich war deshalb von Anfang an der Wunsch des Herstellers, in
Deutschland eine Referenzstrecke vorweisen zu können. Weil aber ein 
solcher Bau selbst die Möglichkeiten von Konzernen wie Thyssen Krupp 
und Siemens sprengt, sollte das Projekt subventioniert werden. 
Industriepolitik nennt man so was. In Ländern wie Frankreich und 
China ist sie gang und gäbe. In Deutschland aber muss man ein höheres
Interesse - zum Beispiel den öffentlichen Personenverkehr - 
vorschieben, um Subventionen in dieser Höhe zu rechtfertigen.
Genau da jedoch beginnt das Lügenspiel. Der Öffentliche 
Personen-Nahverkehr könnte mit 1,85 Milliarden Euro an vielen Stellen
sinnvoller gefördert werden als durch den Bau einer 
Magnetschwebebahn. Sie wird im Nahverkehr nicht benötigt, auch nicht 
in München.
Sinnvoll wäre der Transrapid auf Fernstrecken, wo er seine hohe 
Geschwindigkeit ausspielen und sogar noch Energie sparen kann. Doch 
da scheitern unsere Politiker und Verkehrsplaner offenbar nach wie 
vor an den unsichtbaren Mauern in Europa.
Die Aufgabe bleibt: Ohne eine Fernstrecke, ob nun Referenz oder 
nicht, bleiben die beiden Bahnen in Schanghai und München 
Attraktionen ohne Nachhaltigkeit. Man wird sie bestaunen und auch 
gern mal probefahren - so ähnlich wie bei der seit 106 Jahren in 
Wuppertal stehenden Schwebebahn. Sicher wird sich nun der ein oder 
andere Kommunalpolitiker überlegen, ob er eine solche Attraktion 
nicht auch gern in seine Heimatstadt sähe. Die meisten werden 
abwinken - wegen der hohen Kosten.
Immerhin einen Vorteil des Bayern-Transrapids sollte man aber noch 
erwähnen: Die chinesischen Geschäftsfreunde von Thyssen Krupp werden 
es in München etwas schwerer haben als in Schanghai, die 
Technologie-Blaupausen an ihre kopierfreudigen Landsleute weiter zu 
reichen.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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