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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Rad-WM

Bielefeld (ots)

Der Tour de Farce folgt die Schmieren-Komödie am
Killesberg. Am Haushügel in der Hauptstadt nicht nur der Schwaben 
heben die Zweirad-Fahrer gerade ihr eigenes wirtschaftliches und 
sportliches Grab aus.
Nun ist es sicher so, dass wir Deutsche offensichtliches Unrecht 
besonders gerne lange übersehen, um dann um so radikaler Missstände 
aufzuräumen. Aber so leicht wie der weltweite Oberboss der Radfahrer,
Pat McQuaid, kann man es sich auch nicht machen. Der UCI-Präsident 
meint nämlich, die Stuttgarter Sportbürgermeisterin Susanne Eisenmann
würde der verabredeten Ehrenerklärung, die Paolo Bettini nicht oder 
nach Angaben seines Anwaltes doch oder doch nur in abgeschwächter 
Version unterschrieben hat, zu viel Bedeutung beimessen und ihre 
Auftritte für ihre eigene Karriere-Planungen missbrauchen.
Natürlich geht es der Stadt Stuttgart auch darum, die lange 
umstrittene Austragung der Rad-WM nicht noch zu einem 
wirtschaftlichen Debakel werden zu lassen. Doch wenigstens haben die 
WM-Organisatoren erkannt: Für einen Kampf um die Glaubwürdigkeit ist 
es - fast - schon zu spät.
Aber der Sumpf, durch den momentan in Stuttgart geradelt wird, trägt 
dazu nicht bei. Da ist zum einen der Streit zwischen Frau Eisenmann, 
die mit der Einstweiligen Verfügung gegen den Bettini-Start 
gescheitert ist, und dem irischen Sturschädel, da gibt es Gerüchte 
über ein Polizeiverhör mit Paolo Bettini, das sich als »Besuch« eines
Beamten des Bundeskriminalamtes herausstellt. Dazu kommen Telefon- 
und anonyme Drohungen gegen Zeugen. Da wirbt der Bund Deutscher 
Radfahrer auf seiner Website für einen Mediziner, der zu DDR-Zeiten 
das hochgefährliche Oral-Turinabol verabreicht haben soll. Der 
dopinggeständige Erik Zabel darf fahren, Rudi Altig und Eddy Merckx, 
die ihre Erfolge vermutlich auch nicht sauber erworben haben, sind 
unerwünschte Personen an der WM-Strecke.
Das klingt nicht nur nach Volksverdummung, das ist Volksverdummung.
Findet auch Werner Franke. Der Heidelberger Dopingexperte, der mit 
seiner Frau Brigitte Berendonk 1991 das Buch »Doping. Von der 
Forschung zum Betrug« auf den Markt brachte - beide wurden nicht nur 
dafür in den folgenden Jahren vor allem in Deutschland als 
Nestbeschmutzer beschimpft -, sieht keine wirkliche Wende im 
Bewusstsein. »Jeder in der Branche weiß schließlich: Was nachzuweisen
ist, etwa EPO, wird abgesetzt. Was nicht, wie Insulin, 
Wachstumshormone oder Synacthen, wird weiter genommen.« In den 
sicherlich deutlich verschärften Kontrollen sieht auch er aber 
wenigstens einen Abschreckungseffekt. Was aber noch mehr abschreckt, 
ist derzeit das Chaos in Stuttgart.
Eine Frage bleibt zum Schluss. Warum können sich Radprofis, das gilt 
natürlich auch für andere sportliche Berufe, nicht auf Standesregeln 
festlegen? Die Rad-Bosse müssten doch nur mal bei den Anwälten, die 
derzeit ihre Hauptgesprächspartner sind, nachfragen, wie so etwas 
aussieht.

Pressekontakt:

Rückfragen bitte an:
Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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