Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Thema Videospiele
Bielefeld (ots)
Spielekonsolen wie Playstation und Xbox haben zur Zeit einen schlechten Ruf. Angeblich fördern sie Vereinsamung, Aggressionen bei gewaltbereiten Jugendlichen und verleiten unsere Kinder zum Schuleschwänzen. Um sie nicht vom Unterricht abzuhalten, dürften die Daddelkisten in Elektronikmärkten erst nachmittags eingeschaltet werden, forderte eine Arbeitsgruppe von Bund und Ländern jüngst beim Treffen der Innenminister in Bad Saarow. Unbestritten ist, dass so mancher Schüler daheim lieber mit der Playstation spielt als Hausaufgaben zu machen. Eltern können ein Lied davon singen. Einem Gerät aber die Schuld an der wachsenden Zahl der Schulschwänzer zu geben, ist albern. Elektronikfachmärkte wie Saturn und Media-Markt lassen die Vorführbildschirme für Playstation 3 und Xbox 360 vormittags aus. »Schuleschwänzen ist blöd«, steht auf einem Schild im Paderborner Media-Markt, und weiter: »Wir schalten die Konsolen erst um 14 Uhr an.« Der Appell an den Handel ist überflüssig und lenkt nur vom wahren Problem ab. Ein Mangel an Disziplin, fehlendes Interesse an Fächern mit ihrem teilweise praxisfernen Stoff sowie Abneigung gegenüber Lehrern lässt Jugendliche einen Bogen um den Klassenraum machen. Eltern tragen nicht selten die Schuld daran, dass es so weit gekommen ist. Wer gegenüber seinen Kindern abfällig über Schule (»Da habe ich nicht viel gelernt«) und Lehrer (»Die können selber nichts«) spricht, darf sich nicht wundern, wenn der Nachwuchs schwänzt. Eltern müssen ihren Kindern Disziplin beibringen, deutlich machen, dass Schule Pflicht ist, und Gleichgültigkeit ahnden. Etwa dadurch, dass sie die Playstation im Kinderzimmer beschlagnehmen, hat der Sohn wieder in Deutsch gefehlt. Konsolen und Spielen die Schuld an gesellschaftlichen Problemen wie etwa der Jugendkriminalität zu geben, liegt im Trend. Gerade erst mahnten »Suchtexperten« in einer Anhörung vor dem Bundestag Warnhinweise auf den Hüllen der Spiele an. Videospiele könnten abhängig machen, hieß es. Ohne dass es überhaupt eine Definition für diese Sucht gibt und geklärt wäre, ab welcher Spieldauer jemand abhängig werden kann, sollen Hüllen von Video- und Computerspielen aussehen wie Zigarettenpackungen: vollgestopft mit Warnhinweisen. Warnhinweise vor vermeintlicher Suchtgefahr sind überflüssig. Schließlich empfehlen Spielehersteller in den Bedienungsanleitungen von sich aus, regelmäßig Pausen einzulegen. Soll der Regelungswahn irgendwann dazu führen, dass auf Büchern vor einer Suchtgefahr gewarnt wird? Weil sie so spannend sein können, dass man schnell eine Nacht durchliest? Die seit längerem eingeführte Alterskennzeichnung von Spielen ist sinnvoll. Ballerspiele gehören nicht in Kinderhände. Aber in der Diskussion über »Killerspiele« wird so getan, als gebe es nichts anderes. Das erzeugt ein schiefes Bild. Unter den bewusst familienfreundlichen Spielen für Nintendos Wii etwa ist ihr Anteil gering.
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