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Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Störfall im Kernkraftwerk Krümmel

Bielefeld (ots)

Das war eine ganz schlechte Woche für die
Atom-Lobby. Erst warf Bundesumweltminister Sigmar Gabriel (SPD) dem 
Deutschen Atomforum, der Interessenvertretung der Akw-Betreiber, 
jahrzehntelange Schönfärberei und das Verharmlosen von 
Sicherheitsgefahren vor. Und dann muss prompt das Kernkraftwerk 
Krümmel wegen eines Kurzschlusses in einem Transformator abgeschaltet
werden. Störfälle sind für Atomkraftwerke wie Sargnägel, sie stellen 
ihre Existenz drastisch in Frage. Für die Betreiber sind Störfälle 
eine schallende Ohrfeige. Und die hat sich Vattenfall verdient: Nicht
der Konzern hat die Atomaufsicht über die Panne in Krümmel 
informiert, sondern die Polizei. Das ist mehr als nur eine 
»Informationspanne«, wie Vattenfall verniedlichend meint, sondern der
Beweis für eine Strategie, die die Akw-Betreiber immer schon 
verfolgten: Ein Zwischenfall wird erst dann zugegeben, wenn es nicht 
mehr anders geht.
Krümmel ist für die Kernkraftbefürworter ein Albtraum und für die 
Gegner ein gefundenes Fressen. Erst vor zwei Wochen nach zwei Jahren 
Stillstand wieder in Betrieb genommen, kommt es zu einer Panne nach 
der anderen. Nach dem Defekt in der Elektronik, den Problemen mit der
Turbine nun der Kurzschluss im Transformator. Kernkraft sei eine 
saubere und günstige Energie, wirbt das Atomforum seit Monaten für 
verlängerte Laufzeiten. Aber für die Akzeptanz in der Bevölkerung ist
etwas anderes entscheidend: die Sicherheit. Und genau an diesem 
sensiblen Punkt droht Krümmel zum Symbol der Unzuverlässigkeit zu 
werden.
Weil Kernkraft riskant ist, sind die Versicherungskosten für 
Betreiber immens hoch. Wer etwa einen der neuen Europäischen 
Druckwasserreaktoren (EPR) bauen möchte, der 60 Jahre lang zwölf 
Milliarden Kilowattstunden Strom im Jahr produziert, muss etwa 40,2 
Milliarden Euro Versicherungskosten einkalkulieren. Auch das Argument
des günstigen Stroms ist mit Vorsicht zu genießen: Stammt er aus dem 
Atomkraftwerk, kostet er zwischen 9,2 und 10,3 Cent pro 
Kilowattstunde. Kohle (2,5 bis 5 Cent), Gas (4,0 bis 8,0 Cent) und 
Wind (6,0 bis 9,0 Cent) sind günstiger.
Je häufiger Krümmel Negativschlagzeilen macht, desto klarer wird: 
Atomkraft ist nur noch eine Brückentechnologie. Solange Deutschland 
seinen Energiebedarf nicht vorrangig aus erneuerbaren Quellen wie 
Wind, Wasser, Sonne und Erdwärme decken kann, solange brauchen wir 
Kernkraft. Die Verlängerung der Laufzeiten der modernsten Meiler ist 
vertretbar, der Bau neuer Kernkraftwerke nicht. Windparks in Nord- 
und Ostsee können 2030 bereits mehr als 15 Prozent des deutschen 
Strombedarfs liefern, sind sich Experten sicher. Das Emirat Abu Dhabi
baut bis 2016 die Zukunftsstadt Masdar City. Sie wird vollständig aus
erneuerbaren Energien versorgt. München soll bis 2058 ein deutsches 
Pendant werden. Fazit: Die Alternativen zu Krümmel und Co. gilt es 
zum Wohle der Bürger auszubauen, und das möglichst schnell.

Pressekontakt:

Westfalen-Blatt
Nachrichtenleiter
Andreas Kolesch
Telefon: 0521 - 585261

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