Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zur Klimakonferenz
Bielefeld (ots)
Es gibt schlechte Schüler, die versuchen, jede verhauene Mathe-Arbeit mit dem Argument schön zu reden: »Es hätte noch schlimmer kommen können.« Und dann versprechen sie: »Morgen, ja morgen fange ich an zu lernen.« Erfahrene Lehrer und Eltern wissen: »Alles nur heiße Luft! Ohne eine grundlegende Wende wird aus dem Schüler nie etwas.« Genau wie dieser Schüler verhalten sich nun die mächtigsten Staatschefs der Welt. Sie versuchen, das Ergebnis der Kopenhagen-Konferenz, für das die Note Mangelhaft schmeichelhaft wäre, schönzureden. Selbst ein Minimaldokument, das niemanden zu etwas verpflichtet hätte, fand in der dänischen Hauptstadt nicht genügend Unterstützung und wurde nur mehrheitlich »anerkannt«, nicht beschlossen. Trotzdem zeigen sich US-Präsident Barack Obama, die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, Chinas Außenminister Yang Jiechi, Indiens Premierminister Manmohan Singh und viele andere Spesenritter aus Industrie- und Schwellenländern mit dem Ergebnis zufrieden. Spesenritter sind sie, weil sie auf dem Gipfel außer Spesen nichts Vorzeigbares produziert haben. Die Kanzlerin versucht das Ergebnis noch zu retten, in dem sie es als »ersten Schritt zu einer neuen Weltklimaordnung« herauszuputzen sucht. Das ist heiße Luft, nichts anderes! Für erste Schritte ist es angesichts der steigenden Luftverschmutzung und der feststellbaren Folgen für das Klima schon zu spät. China, Russland, Indien und Brasilien haben sich auf den Weg gemacht, den Wohlstandsvorsprung des Westens aufzuholen. Leider nehmen sie dabei ebenso wenig Rücksicht auf die Umwelt, wie dies die europäischen Staaten getan haben und die USA es heute größtenteils noch tun. Am Ende ist das in jedem Fall zu viel Belastung für den Planeten Erde. Die künftigen Stürme und Missernten werden das bisher Erlebte weit in den Schatten stellen. Darunter werden breite Bevölkerungsschichten in den Schwellen- und Entwicklungsländern am meisten leiden. Doch den jetzt Regierenden ist dies egal. So wie es allen Staaten offenbar gleichgültig ist, dass Inselstaaten wie Tuvalu und die Malediven, aber auch weite Teile des dichtbevölkersten Flächenstaats der Erde, Bangladesch, selbst dann von Meerwasser überschwemmt und unbewohnbar werden, wenn es wider aller Erwartungen in den kommenden Jahrzehnten noch gelingen sollte, den Temperaturanstieg auf zwei Grad Celsius zu begrenzen. Das Problem beim Klimawandel ist, dass er sich langsam vollzieht. Maßnahmen, die jetzt eingeleitet werden, zeigen erst in Jahren oder Jahrzehnten Wirkung. Politiker, die mit ihren Konjunkturprogrammen und Gesetzen stets auf sofortige Wirkung zielen, müssen lernen, dass der Planet Erde viel zu komplex ist, als dass er, einmal aus dem Gleichgewicht gebracht, allein mit kleinen Reparaturen wieder ins Lot kommt. Manche sagen: Noch schlimmer als in Kopenhagen kann es bei den nächsten Konferenzen in Bonn und Mexiko nicht kommen. Falsch! Noch einmal nur heiße Luft, und es ist noch schlimmer.
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