Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu USA und China
Bielefeld (ots)
»Sprich sanft und trage einen großen Knüppel.« Was US-Präsident Theodore Roosevelt einst empfahl, könnte Barack Obama noch heute befolgen. Der Staatsbesuch des chinesischen Präsidenten Hu in Washington zwingt Obama zwar zu Rücksicht und Nachsicht, zugleich muss er China realistisch und pragmatisch beurteilen - als wirtschaftlichen und militärischen Rivalen und als potentiellen Gegner. Dies erfordert eine diplomatische Gratwanderung. Obama und Hu tragen eine große Verantwortung. Die USA und China sind wirtschaftlich eng mit einander verzahnt. Das massive Handelsdefizit verpflichtet Obama zur Kooperation, die Chinesen brauchen den großen amerikanischen Absatzmarkt. Amerika wirft China vor, die chinesische Währung zu manipulieren, Nordkorea und den Iran aufzurüsten und die Menschenrechte zu missachten. Bisher war Obama nachgiebig; doch die jüngsten Brüskierungen aus Peking ist er leid. Bei Umweltschutz, Energiesicherheit, Terrorbekämpfung und nuklearer Abrüstung müssen China und die USA zusammenarbeiten. Kooperation statt Konfrontation wird gefordert. Washington sucht mehr gemeinsame Verantwortung: Obama will nicht wieder auf einem Umweltgipfel von China vorgeführt werden, und er verlangt chinesische Sanktionen bei nordkoreanischen Eskapaden. Das sind begründete Forderungen. Die Hoffnung der Chinesen auf Amerikas Niedergang sind verfrüht, die USA bleiben eine asiatische Macht. Etwa 100 000 US-Truppen stehen im asiatisch-pazifischen Raum. Diese Präsenz ist rundum erwünscht: Chinas Nachbarn Japan, Südkorea, Taiwan, Thailand, Singapur oder Indien misstrauen dem chinesischen Griff nach der asiatischen Vorherrschaft. Selbst Vietnam nähert sich den USA. Chinas Freundschaft mit dem Iran, mit Burma und Nordkorea ist fragwürdig. Chinas Nachbarn sind keine strategischen Freunde; das selbstbewusste und offensive chinesische Einparteien-Regime ist unbeliebt. Die asiatischen Nachbarn verlassen sich lieber auf den Schutz der demokratischen USA als auf die Führung eines vermeintlichen »Schurkenstaates«. US-Außenministerin Clinton verspricht, Amerikas Engagement in Asien zu stärken, Vertrauen in die US-chinesischen Beziehungen zu bringen und die wirtschaftliche, politische und strategische Kooperation in der Region zu vertiefen. Doch China bleibt misstrauisch: Die US-Präsenz in Asien nährt in Beijing das Gefühl, von Amerika umstellt zu sein. Und dieses Gefühl birgt diplomatischen Sprengstoff. Weil China die USA aus Asien verdrängen will und Washington und Peking nicht kooperieren, warnt Henry Kissinger vor einer neuen Sorte Kalter Krieg. So lange jedoch eine chinesische Vorherrschaft die Prinzipien von Freiheit und Selbstbestimmung verletzten, werden die USA nicht abziehen. Die US-chinesische Rivalität bleibt problematisch und bedrohlich - für ihre Länder, aber auch für den Weltfrieden.
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