Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Chinas neuem Führer
Bielefeld (ots)
Der chinesische Vizepräsident Xi Jinping sollte in Washington hofiert werden. Die USA begrüßten den zukünftigen Staats- und Parteichef mit 19 Salutschüssen, denn die USA wollen Xi Jinping zum Freund. Er soll die Beziehung zwischen Washington und Peking möglichst friedlich und partnerschaftlich gestalten. Die Rivalität der beiden Großmächte dürfe nicht schaden. Das ist verständlich und vernünftig. Doch der zukünftige chinesische Präsident steht unter Druck: Zuhause wollen Partei und Geschäftsleute, dass er Chinas Interessen durchsetzt. In Peking will man nicht länger hören, dass China Menschenrechte verletze, geistiges Eigentum stehle, die Währung künstlich stütze und Nachbarn drangsaliere. In Peking will man wissen, wann die USA die strategische Eindämmung Chinas aufgeben und sich aus dem Pazifik zurückziehen. Denn solange sich China von den USA umzingelt sieht, hält es echte Freundschaft für undenkbar. Tatsache ist, dass die pazifische US-Präsenz von Chinas Nachbarn Japan, Südkorea, Taiwan oder den Philippinen gewünscht wird. Diese Länder fühlen sich nicht als Opfer einer US-Vorherrschaft. Im Gegenteil: Geht es um Sicherheit und Strategie, vertraut Südostasien primär den USA. Amerika kann sich schon daher aus Asien nicht zurückziehen. Es würde sich selbst und seinen asiatischen Freunden gegenüber untreu und unglaubwürdig. Dies muss Washington Peking geduldig erklären und zugleich die chinesischen Sensibilitäten schonen. Die aufstrebende Weltmacht sucht Respekt und Anerkennung. Obama hatte ursprünglich einen versöhnlichen Ton angeschlagen und Chinas neue Rolle in der Weltpolitik begrüßt. Heute klingt er kämpferischer und fällt in die traditionelle Rolle des Chinakritikers. So hat er kürzlich die militärische Präsenz im Pazifik für unabdingbar erklärt und sogar die Gründung einer neuen Militärbasis angekündigt. Und gestern wurde Xi Jinping im US-Kongress fast vorgeführt: Einige Abgeordnete kritisierten die angeblich unfairen chinesischen Handelspraktiken und den Diebstahl geistigen Eigentums. Da nützte es wenig, dass sich Xi Jinping gegen die »Politisierung« von Handelsfragen wehrte. Aus der ursprünglich geplanten Hofierung wurde eine handfeste Brüskierung. Henry Kissinger hat jüngst geschrieben, die USA und China sollten umfassend kooperieren und möglichst wenig Konflikte zulassen. Das würden sie ihren Bürgern und der Welt schulden. Leider glaubt Obama nun, im Präsidentschaftswahlkampf 2012 militante Töne gegenüber China anschlagen zu müssen. Er wiederholt die bekannte Kritik und zeigt sich als starker Führer. Das mag seine Chancen gegenüber den Republikanern stärken, den US-chinesischen Beziehungen kann es nur schaden. Doch die USA brauchen China. Da sollte Sensibilität und mehr Achtung vor chinesischer Eigenart selbstverständlich sein.
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