Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zu Neuwahlen in Nordrhein-Westfalen
Bielefeld (ots)
Die rot-grüne Minderheitsregierung in Düsseldorf ist gescheitert - nicht so rasch wie erwartet und auch spät genug, um eine Bilanz ihrer Arbeit zu ziehen: Ohne neue Milliardenschulden geht es bei der SPD einfach nicht. Und die Grünen können nicht ohne Spielwiesen wie den Nationalpark und auch nicht ohne Kontrollwahn wie bei der Kanalprüfung. Bei Regierungsantritt am 1. Juli 2010 galten schnelle Neuwahlen in NRW als unausweichlich. Jetzt, da sich die Debatte scheinbar erledigt hatte, kommen sie tatsächlich. Zwischenzeitlich war es dem Tandem Hannelore Kraft und Sylvia Löhrmann gelungen, mit wechselnden Mehrheiten zu regieren. Anfangs duldeten die Linken Krafts Wahl und Wahlgeschenke. Auch die andere Seite des Landtags kooperierte. Beim Schulkompromiss mit der CDU oder dem Stärkungspakt für Stadtfinanzen mit der FDP gab es Koalitionen der Vernunft. Insofern haben alle guten Willen bewiesen. Für den Landeshaushalt 2012 war das aber zu wenig. Denn hier wird das Hauptbuch der Landespolitik geschrieben. Und deshalb ist es gut, dass das Durchwursteln ein Ende hat und der Wähler im Mai hoffentlich klarere Verhältnisse schafft. Neuwahlen wirklich wünschen können sich derzeit nur die Grünen. Auch wenn sie den Zenit in den Meinungsumfragen überschritten haben, liegen sie immer noch deutlich über den zwölf Prozent bei der letzten Wahl. Ob die CDU mit Merkel-Bonus und Norbert Röttgen an der Spitze den 2010 erreichten Wert von 34,6 Prozent klar ausbauen und die SPD um mehr als einen Zehntel Prozentpunkt hinter sich lassen kann, ist eine Frage. Eine andere ist, was den Christdemokraten der Titel stärkste Fraktion nutzt, so lange sie keine Koalitionspartner haben. Für Schwarz-Grün spricht derzeit wenig. Größter Verlierer dürfte die FDP werden. Deren Fraktionschef Gerhard Papke hat sich gründlich blamiert, vermutlich sogar verzockt. Der Jurist Papke wusste offenbar nicht, dass die Ablehnung eines Teilhaushalts in der zweiten Lesung keinen Raum mehr lässt zum Taktieren. Weg vom Fenster sind auch die Linken, weil sie jene Protestwähler verlieren, die nun bei den Piraten anheuern. In Düsseldorf wurden gestern hektisch Schuldige für das überraschende Scheitern des Etats schon bei der zweiten Lesung gesucht. Das ist müßig. Spätestens bei der dritten Lesung am 28. März wäre Schluss gewesen. Der rot-grüne Haushalt war schlicht unseriös. Da hat CDU-Fraktionschef Karl-Josef Laumann Recht: In den Einnahmen überzogen, in den Ausgaben geschönt und die im Juni fällige Milliarde für die West-LB war nicht vorgesehen. Im Geschäftsleben fällt so etwas unter Bilanzbetrug. Kein Wunder, dass Norbert Röttgen schon mit den Hufen scharrt. Seine Düsseldorfer Truppen haben ihm mit konsequenter Oppositionspolitik in Haushaltsfragen und der erfolgreichen Klage in Münster das Wahlkampffeld bereitet.
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