Westfalen-Blatt: Das WESTFALEN-BLATT (Bielefeld) zum Koalitionsausschuss
Bielefeld (ots)
Die Lage ist nicht ernst, aber hoffnungslos. Die ganze Woche über war es ein einziges Rätselraten, ob der Koalitionsausschuss am Sonntag nun tagt oder nicht. Letzter Stand der Dinge: Er tagt. Dass allein die Frage, ob die Spitzen der Koalition mal wieder zusammenkommen, die Medien auf Trab hält, zeigt, wie schlecht es um die schwarz-gelbe Regierung bestellt ist. Schon fragen Spötter spitz: Sprechen die jetzt wirklich miteinander und nicht - wie sonst immer - übereinander? Eigentlich sollte der Koalitionsausschuss ja regelmäßig tagen, um die Arbeit von CDU, CSU und FDP zu koordinieren und für eine gute Außendarstellung zu sorgen. Tatsächlich ist man nur selten zusammengekommen, und der Außendarstellung hat's herzlich wenig genutzt. Ursache dafür ist aber mitnichten das oft beklagte Phänomen des »Kuhhandels«. Schließlich ist es das Normalste von der Welt, dass in einem Zweckbündnis - und nichts anderes ist eine Koalition - auch Entscheidungen zustande kommen, die nicht allen Partnern Herzensangelegenheiten sind. So ist es beim Betreuungsgeld, dem die CSU existentielle Bedeutung beimisst, während die CDU gut darauf verzichten könnte und das die FDP komplett ablehnt. Und so ist es bei der Praxisgebühr, deren Abschaffung sich die Liberalen unbedingt gutschreiben lassen wollen, wohingegen die Kanzlerin und CDU-Vorsitzende Angela Merkel lange Zeit Vorbehalte äußerte. Bei der Rente schließlich schauten FDP und CSU zuletzt einigermaßen verstört, was alles CDU-Arbeitsministerin Ursula von der Leyen wortgewaltig forderte. Nicht die Meinungsverschiedenheiten als solche, sondern die insbesondere für diese Koalition so typischen, unüberhörbaren Vorfestlegungen in der Öffentlichkeit sind der Grund dafür, dass Kompromisse ohne Gesichtsverlust für mindestens einen der Regierungspartner kaum noch möglich sind. Die Wurzeln dieses fortgesetzten Zwists liegen jedoch noch tiefer. Es war im Herbst 2009, als Union und FDP siegestrunken einen Koalitionsvertrag zu Papier brachten, aus dem jede der drei Parteien fortan etwas anderes herauslas. Diese Schlampigkeit hat Schwarz-Gelb in der gesamten Legislaturperiode nie abgelegt. Handwerkliches Missgeschick und unglaubliche Entgleisungen im persönlichen Umgang machten das schlechte Erscheinungsbild einer Regierung, dies sich selbst gern bürgerlich nennt, dann komplett. Nun - gut drei Jahre später - bietet der Koalitionsausschuss die vielleicht schon letzte Chance, mit einer halbwegs austarierten Agenda ins Wahljahr zu gehen. Für CDU, CSU und FDP heißt es also: Wir müssen mal wieder sprechen... So dürfte es am Sonntag ein langer Abend werden. Zu viel erwarten sollte man aber nicht: Wahrscheinlich stellt der kleinste gemeinsame Nenner schon den größten anzunehmenden Erfolg dar.
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